Bosnien-Herzegowina
Schweizer Galerist präsentiert Mladic-Tagebuch in Belgrad

Für Massenmorde und Vertreibungen während des Bosnienkrieges (1992-1995) hat das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag den bosnisch-serbischen Armeeführer Ratko Mladic in 1. Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun zeigt der Schweizer Galerist in Belgrad sein Tagebuch.
Publiziert: 24.06.2020 um 15:04 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2020 um 16:14 Uhr
Vladimir Miladinovic, Künstler aus Serbien, steht in der Gallerie Eugster in seiner Ausstellung «The Notebook» (Das Notizheft). Foto: Gregor Mayer/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Ausstellung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
Foto: GREGOR MAYER

In Serbien wird bis heute verdrängt und verschwiegen, dass Mladic im Sold und Auftrag der damaligen serbischen Führung unter Slobodan Milosevic (1941-2006) einen Vernichtungskrieg gegen bosnische Muslime und Kroaten geführt hatte.

Gewissermassen als Intervention gegen das Vergessen zeigt der serbische Künstler Vladimir Miladinovic in der Belgrader Galerie Eugster seine Ausstellung «The Notebook» (Das Notizheft). Der 1981 geborene Miladinovic widmete sich dem Kriegstagebuch von Mladic, das erst 2010 bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt wurde.

Der Künstler ging von der englischen Fassung aus, die das Haager Tribunal erstellte und als Beweismittel im Mladic-Prozess verwendete. Die 400 Seiten dieser Version zeichnete der Künstler mit einer Tuschfeder Wort für Wort nach, die einzelnen Blätter fügte er zu der in formaler Strenge konzipierten Ausstellung zusammen.

«Mir ging es darum, sichtbar zu machen, wie die Evidenz für dieses Gericht produziert wird», sagte Miladinovic der Nachrichtenagentur dpa. «Können wir eine symbolischen Raum schaffen, in dem wir uns vorstellen können, was passiert ist?» Tatsächlich lassen die nüchternen Tagebuchblätter die in der Realität begangenen Verbrechen kaum erahnen.

Mladic notierte Truppenbewegungen, Operationspläne und die Inhalte von Gesprächen mit Politikern, in einer sterilen, militärisch-bürokratischen Sprache. Erst im Diskurs über die Kontexte lässt sich erschliessen, was die Philosophin Hannah Arendt im Zusammenhang mit den Nazi-Verbrechen die «Banalität des Bösen» genannt hat.

Die Galerie Eugster besteht seit 2017. Ihr Gründer und Leiter, der Schweizer Jan Eugster, präsentiert dort zeitgenössischer Kunst aus Südosteuropa. Zugleich will er für sie Aufmerksamkeit im internationalen Kunstmarkt schaffen.

(SDA)

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