Die Schweiz nimmt das Wort «Schwanzlutscherin» plötzlich nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand in den Mund. Grund: Die Berner Politologin Regula Stämpfli riskiert im Herbst 2005 eine dicke Lippe. Sie bezeichnet die Autorin der «Miss Universe»-Kolumne, Michèle Roten, als Person «zwischen Schwanzlutscherin und selbstbestimmter Alles-ist-möglich-Powerfrau».
Rotens Replik lässt nicht lange auf sich warten. Und wie gewohnt nimmt sie in ihrer «Magazin»-Kolumne kein Blatt vor den Mund. «Schwanzlutscherin» sei anscheinend «böse» gemeint – und das sei «lustig. Weil, als heterosexuelle, mittelprüde Frau lutscht man ja durchaus Schwänze.»
Und weiter: «Ich diene hier als schlechtes Beispiel, obwohl wir uns beide dem gleichen Ziel verschrieben haben: sich nicht zwischen Mensch- und Frausein entscheiden zu müssen.»
Eins zu null für Roten – das muss selbst Stämpfli kürzlich im «Magazin» eingestehen. Sie müsse noch immer den «Mist riechen», den sie sich mit ihrer Anklage eingefahren habe. Sie entschuldige sich – doch nicht ohne neue Anklage: «Schwanzlutscherin ist doof. Postmoderne Beliebigkeitsfanatikerin wäre wohl treffender gewesen.»
Rotens Return folgt sofort. Sie schreibt, Stämpfli habe «absolut recht». Und bezeichnet sich kurzerhand selbst als «schwanzlutschende postmoderne Beliebigkeitsfanatikerin».
Doch Michèle Roten beherrscht weit mehr als das Beliebige – gerade im Sprachgebrauch. Das beweist sie nicht nur als Kolumnistin im Zweikampf, sondern auch mit ihrer neuen Buchserie «EINS» bis «SECHS».
In träfen Worten beschreibt sie das Leben des gelähmten Herrn Oberholzer. Und das von Oberholzers Pflegerin Anna, die auch als Prostituierte arbeitet. Allen Figuren ist etwas gemeinsam: Sie den-ken viel an Sex – und sie sprechen unverkrampft darüber. Genauso, wie ihre Schöpferin darüber schreibt. Denn das Thema Sex gehört in diesen Geschichten zum Programm.
«Ich sehe nicht ein, warum man nicht über Sex schreiben sollte, weil es doch ein wahnsinnig wichtiger Teil von hoffentlich jedem Leben ist», sagt Roten zu BLICK. Sie findet: «Über wichtige Themen sollte man sich unterhalten.»
Möchte die Autorin mit ihrem entspannten Schreiben über Sex bewirken, dass die Gesellschaft ebenfalls lockerer über Sex sprechen lernt?
Michèle lacht: «So nehme ich mich nicht wahr. Aber wenn man irgendwas als meine Mission bezeichnen muss, dann vielleicht das.»
«EINS» und «ZWEI» von Michèle Roten im Buchhandel oder bei www.micheleroten.ch
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