Dass sich Auguste Rodin (1840-1917) und Hans Arp (1886-1966) einmal begegnet sind, wäre durchaus denkbar - beide bereits zu Lebzeiten gefeierten Bildhauer waren unter anderem in Paris tätig. Überliefert ist ein persönliches Zusammentreffen aber nicht. Dass aber zumindest der jüngere Arp das Oeuvre seines älteren Vorbilds Rodin gut gekannt und geschätzt hat, wird rasch klar, wenn man das Schaffen der beiden einander gegenüberstellt.
Dass dies nun geschehen ist, ist das Verdienst der Fondation Beyeler in Riehen, welche die Ausstellung in Kooperation mit dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen (D) und mit Hilfe des Musée Rodin in Paris konzipiert und organisiert hat. Dabei erstaunt, dass diese Begegnung bislang offensichtlich noch in keinem Museum zu erleben war.
Das mag daran liegen, dass das Werk der beiden grossen Erneuerer der Bildhauerei auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun zu haben scheint. Rodin machte mit seiner Abkehr vom Akademismus den Weg frei für die Moderne in der Bildhauerei, blieb aber dem Figurativen treu. Arp ging einen Schritt weiter und wurde zum Protagonisten der abstrakten Skulptur, auch wenn er mit seinen biomorphen Gebilden immer wieder auch figurative Ansätze durchschimmern liess.
Zusammen ausgestellt ergeben sich nun aber erstaunliche Verwandtschaften, vor allem inhaltlicher, zuweilen aber auch formeller Art. Zum Beispiel bei Rodins kauernder Frauenfigur (1906-1908), die der Dadaist und Surrealist Arp 1938 mit der «Automatischen Skulptur» in abstrakter Weise aufnahm. Arp hat dieses Werk sogar explizit Rodin gewidmet.
Eine weitere Übereinstimmung ist die Hingabe der beiden Bildhauer zum Torso, also zu mehr oder weniger abstrahierten Körperrümpfen mit fehlenden Gliedmassen oder Köpfen. Das trifft auch bei den Metamorphosen zu, also bei den skulpturalen Verschmelzungen von Menschenkörpern mit Pflanzen oder der Landschaft.
In anderen Werkdialogen ist dieser Bezug weniger augenscheinlich. Etwa bei der Gegenüberstellung von Rodins grossem «Denker» (1903) und Arps «Ptolemäus III» (1961), der den Auftakt zur Ausstellung macht. Der Denker ist trotz seines kantigen Gesichts gänzlich das dreidimensionale Bild eines Menschen. Arp hingegen vollzog in seiner nach einem antiken Philosophen benannten Skulptur die völlige Abkehr vom Figurativen.
Das kuratierte Spiel mit Gemeinsamkeiten und Differenzen lässt die Ausstellung zur aufschlussreichen kunsthistorischen Lehrstunde werden. Aber auch abgesehen von diesem didaktischen Ansatz lohnen die Werke der beiden herausragenden Bildhauer einen Museumsbesuch. Die Ausstellung «Rodin / Arp» läuft noch bis 16. Mai 2021.
(SDA)
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