Andernorts (2)
Neuerscheinung: Literarische Spaziergänge in Lausanne

Stadtspaziergänge sind ein beliebtes Freizeitvergnügen, vor allem wenn sich dabei Spuren verfolgen lassen. Eine Fundgrube in dieser Hinsicht ist die neu erschienene, schön illustrierte Publikation «Lausanne. Promenades littéraires».
Publiziert: 31.08.2017 um 09:32 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:45 Uhr
Portrait von Georges Simenon (1903-1989), belgischer Schriftsteller, aufgenommen am 11. November 1981. Simenon lebte viele Jahre in Lausanne. (KEYSTONE/Str)
Foto: Keystone/STR

Lausanne aus der Perspektive von insgesamt 90 Schriftstellerinnen und Schriftstellern kennenzulernen: Dazu animiert das Buch, das die Stadt zusammen mit dem Centre de recherches sur les lettres romandes der Universität Lausanne herausgegeben hat.

Im Mittelpunkt stehen Georges Simenon (1903-1989), Jacques Chessex (1934-2009), Charles-Albert Cingria (1883-1954), Alexandre Vinet (1797-1847), Anne Cuneo (1936-2015), Charles-Ferdinand Ramuz (1878-1947) und Benjamin Constant (1767-1830). Ihnen sind eigene Spaziergänge gewidmet, zu Orten, wo sie gelebt haben, zu Orten auch, die in ihren Werken eine wichtige Rolle spielen.

Der belgische Schriftsteller Georges Simenon lebte in Lausanne von 1972 bis zu seinem Tod 1989. Er kannte die Stadt aber schon von früheren Aufenthalten. Eng damit verbunden ist sein Roman «La disparition d'Odile» (1971). Im Mittelpunkt steht eine 18-jährige Lausannerin, die aus ihrem Elternhaus flieht und nach Paris reist, um sich dort das Leben zu nehmen. Die Geschichte spielt mehrheitlich in der französischen Metropole, inspirieren liess ich Simenon aber vom gesellschaftlichen Leben in Lausanne.

Dieser Spaziergang beginnt beim Haus Nummer 4 der Avenue de Jaman im Osten der Stadt. Es hat Simenon beim Schreiben des Romans Modell gestanden, wie Stéphane Pétermann, der Autor dieses Rundgangs, berichtet. Ein längerer Ausschnitt aus «La disparition d'Odile» vermittelt erste Eindrücke von der Atmosphäre dieser Villa Les Deux Tilleuls und lässt erahnen, weshalb Odile daraus geflohen ist.

Wer wissen will, wie es der jungen Frau in Paris ergeht, liest den spannenden Roman. Der Rundgang aber, jetzt ganz auf Simenons eigenen Spuren, führt weiter über die Place de l'Ours zur südlich der Kathedrale gelegenen Rue de Bourg 22, wo der passionierte Pfeifenraucher im Tabakgeschäft Besson sein bevorzugtes Kraut kaufte.

Im Rathaus an der Place de la Palud, der dritten Station, hat die Stadt dem Schriftsteller am 11. Februar 1983 zu seinem 80. Geburtstag gratuliert. Bei der Place Gare du Flon besteigt man die Metro und fährt hinunter zur Station «Délices», um dann, der Avenue de Cour folgend, die Avenue de Figuiers Nummer 12 zu erreichen. Hier lebte Simenon von 1974 bis zu seinem Tod.

Stéphane Pétermann hat die Beschreibung des Rundgangs mit Hintergrundinformationen, einem fiktiven Interview, weiteren Texten von Simenon - darunter den berührenden Abschiedsworten an seine Tochter Marie-Jo, die sich 1978 das Leben genommen hatte - und einer Fotografie von René Burri angereichert.

Die Zeichnerin Fanny Vaucher hält die Tour Station für Station in wunderbaren Skizzen fest. Gleichwohl ist es hilfreich, einen guten Stadtplan mit auf die Reise zu nehmen.

Neben den sieben biografischen Rundgängen bietet das Buch elf thematische. Sie führen zu Cafés, Hotels, Kirchen, öffentlichen Gärten, Theatern und Kinos, wo Schriftstellerinnen und Schriftsteller verkehrten. Und sie erzählen von Schulhäusern und Verlagshäusern, von Reisenden auch, die hier Station gemacht haben.

Eine weitere Tour, geführt von Daniel Maggetti, widmet sich den «Romancières» Alice Riva, Isabelle de Charrière, Corinna Bille, Clarisse Francillon, Catherine Colomb und Suzanne Delacoste. Sie beginnt bei der Place du Château, beim Schloss Saint-Maire, das in den «Lettres écrites de Lausanne» (1785) von Isabelle de Charrière Erwähnung findet.

Bei der Place de la Riponne steht das Haus, wo Corinna Bille ihren ersten Sohn Blaise zur Welt brachte. In einem Brief an den Schriftsteller Maurice Chappaz, den Vater des Kindes, schrieb Bille: «Par moment, la violence des sentiments que l'on éprouve pour son enfant m'effraie.» Und weiter: «Je suis heureuse qu'il soit réellement un mélange de nous deux, de ta famille et de la mienne.»

Dieser Spaziergang endet beim Strandbad Bellerive-Plage, für Suzanne Delacoste ein herrliches «terrain d'observation», wie Daniel Maggetti schreibt. Nachzulesen sind ihre satirischen Notizen über den Badebetrieb und die Sitten ihrer Zeit in «Une si jolie petite plage» (1954).

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