Zweiter BLICK-Talk zum Papstbesuch in der Schweiz
«Der Papst ist cool – aber was will er hier?»

Drei Tage vor Papst Franziskus’ Besuch in der Schweiz diskutierten SP-Nationalrat Cédric Wermuth und der Churer Bistumssprecher Giuseppe Gracia kontrovers über die Rolle der Religion. Für nachdenkliche Töne sorgte die lesbische BLICK-Leserin Sofie Ruf (21).
Publiziert: 18.06.2018 um 22:53 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2023 um 14:07 Uhr
Ist die Kirche noch zeitgemäss?
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BLICK-Talk zum Thema Religion:Ist die Kirche noch zeitgemäss?
Fabienne Kinzelmann

Wenn Papst Franziskus (81) am Donnerstag in den Genfer Autosalon-Hallen mit 41 000 Gläubigen die Messe feiert, wird Sofie Ruf nicht dabei sein. Obwohl Franziskus sie fasziniert. Obwohl er vermutlich der authentischste Papst ist, den es je gab. Obwohl er Selfies mit jungen Gläubigen macht.

Der Grund für Ruf ist schlicht: kein Bezug. Die Kirche verpasse es, sie mitzunehmen. «Wir Jungen finden den Papst cool, gucken mal – aber was will er eigentlich hier?» Ähnlich geht es auch SP-Nationalrat Cédric Wermuth (32). «Es gibt einen Hype um den Papst. Man sollte diesen Besuch aber nicht überbewerten.»

Stichelte Richtung Kirche: SP-Nationalrat Cédric Wermuth.

Welche Rolle spielt Religion überhaupt noch? Diese Gretchenfrage stellte Christian Dorer (43), Chefredaktor der Blick-Gruppe, drei Tage vor Franziskus’ Besuch in der Schweiz. Wermuth und der Churer Bistumssprecher Giuseppe Gracia (51) diskutierten kontrovers zum Papstbesuch, zur Frage nach der Trennung von Kirche und Staat und zum Islam. 

«Ich fühle mich in der Kirche nicht daheim»

Für nachdenkliche Töne sorgte dabei immer wieder die religionsinteressierte BLICK-Leserin Sofie Ruf. «Ich finde, Religion ist ein schönes Gefühl. Aber ich selbst fühle mich in der Kirche nicht daheim.»

Fühlt sich in der Kirche nicht daheim: BLICK-Leserin Sofie Ruf.
Foto: Anja Wurm

Mit 16 trat Ruf darum aus der Kirche aus. Ein Fall, der für den katholischen Gracia symptomatisch ist. «Während wir in Asien und Südamerika wachsen, gibt es in Europa immer mehr Kirchenaustritte.» Das Problem sei das Misstrauen gegenüber grossen Institutionen. 

Mit Wermuth hat Gracia in der Talkrunde einen scharfen Diskussionsgegner, der immer wieder Richtung Kirche stichelt. Einen Vergleich zwischen der Queen und dem Papst, den eine BLICK-Leserin im Video macht, kommentiert Wermuth trocken: «Der Unterschied ist, dass es im Vatikan nicht so schöne Hochzeiten gibt.»

«Es geht um die Liebe zum Menschen»: der Churer Bistumssprecher Giuseppe Gracia (51).
Foto: Anja Wurm

Den Seitenhieb steckt Gracia weg. Immer wieder macht er deutlich, was die Botschaft der Kirche sei: «Es geht um die Liebe zum Menschen.» Auch deswegen sei er für eine komplette Trennung von Kirche und Staat. Und das bedeute ganz in Franziskus’ Sinne, der Kirche im Zweifelsfall eben auch Privilegien wie die Kirchensteuer wegzunehmen.

«Ich höre regelmässig, meine Liebe sei Sünde»

Sofie Ruf (21) aus Oftringen (AG) trat mit 16 aus der reformierten Kirche aus – obwohl sie in einem religiösen Umfeld aufwuchs. Religion findet die ausgebildete Buchhändlerin grundsätzlich spannend. Doch einen grossen Reibungspunkt gibt es. «Ich bin homosexuell und habe schon oft zu hören bekommen, meine Liebe sei eine Sünde, krank und nicht gerne gesehen.»

Ruf fühlt sich aufgrund ihrer Homosexualität von der Kirche ausgegrenzt. «Religion ist schön, sollte aber allen offen stehen», sagt Ruf, die mittlerweile als Zugbegleiterin arbeitet. Oft seien es religiöse Menschen, die sie, ihre muslimische Partnerin und andere homosexuelle Menschen wütend angriffen und zurechtwiesen. «Ich würde mir eine offenere, modernere Kirche wünschen – ohne Vorurteile und Zwänge.»

Das Thema des Blick-Talks sprach sie deswegen sofort an, als sie die Ankündigung auf der Webseite sah. Sie hatte Lust auf den Austausch, die Diskussion. Auch, weil SP-Nationalrat Cédric Wermuth bereits als Gast angekündigt war. «Er ist seit Jahren ein riesiges Vorbild von mir», verriet sie vor dem Talk.

Sofie Ruf (21) aus Oftringen (AG) trat mit 16 aus der reformierten Kirche aus – obwohl sie in einem religiösen Umfeld aufwuchs. Religion findet die ausgebildete Buchhändlerin grundsätzlich spannend. Doch einen grossen Reibungspunkt gibt es. «Ich bin homosexuell und habe schon oft zu hören bekommen, meine Liebe sei eine Sünde, krank und nicht gerne gesehen.»

Ruf fühlt sich aufgrund ihrer Homosexualität von der Kirche ausgegrenzt. «Religion ist schön, sollte aber allen offen stehen», sagt Ruf, die mittlerweile als Zugbegleiterin arbeitet. Oft seien es religiöse Menschen, die sie, ihre muslimische Partnerin und andere homosexuelle Menschen wütend angriffen und zurechtwiesen. «Ich würde mir eine offenere, modernere Kirche wünschen – ohne Vorurteile und Zwänge.»

Das Thema des Blick-Talks sprach sie deswegen sofort an, als sie die Ankündigung auf der Webseite sah. Sie hatte Lust auf den Austausch, die Diskussion. Auch, weil SP-Nationalrat Cédric Wermuth bereits als Gast angekündigt war. «Er ist seit Jahren ein riesiges Vorbild von mir», verriet sie vor dem Talk.


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