In engen Kurven zieht sich die Arosastrasse von Chur in Richtung Pagig GR. Eine anspruchsvolle Strecke, die bei vielen Autofahrern aus der Region berüchtigt ist. Kurz hinter Castiel kommt es hier am Wochenende zum tödlichen Drama.
Gegen 23.50 Uhr in der Nacht auf Sonntag ist ein VW auf der Bergstrecke unterwegs. An Bord: vier junge Männer. Am Steuer und als Beifahrer sitzen zwei junge Liechtensteiner (†21 und †19), hinten Luis R.* (18) aus Trun GR und sein Kollege Christiano N.* (19) aus Degen GR. Die Stimmung ist gut, man hat sich in Chur getroffen. Weil dort wegen Corona keine Bars und Diskotheken offen sind, steuert die Clique einen nahen Aussichtspunkt oberhalb der Kantonshauptstadt an. Es sind schon andere Leute da. Man fährt weiter. Ohne Ziel, aber mit viel PS.
In letzter Sekunde aus dem brennenden Wrack gerettet
In einer Linkskurve kommt es dann zum fatalen Unglück. Der Liechtensteiner verliert die Kontrolle über den VW und kommt ins Schleudern. Der Wagen schiesst über die Strasse, stürzt 50 Meter in die Tiefe und landet völlig demoliert in einem Waldstück. Nach dem Aufprall fängt das Auto sofort Feuer.
Christiano N. ist der Einzige an Bord, der sich aus dem brennenden Wrack retten kann. Seine Mutter sagt zu BLICK: «Er bemerkte irgendwie, dass sein Kollege sich nicht befreien konnte.» Luis R. spürte wohl seine Beine nicht mehr. Die Flammen lodern, doch Christiano wagt sich noch mal an den brennenden Wagen und zieht seinen verletzten Freund in letzter Sekunde aus dem Feuer. Für die beiden Liechtensteiner ist hingegen nichts mehr zu machen. Sie sind bewusstlos und im Wrack eingeklemmt. Die Mutter von Christiano sagt: «Selbst wenn das Auto nicht gebrannt hätte, hätte mein Sohn nichts für sie tun können. Vielleicht waren sie auch schon tot, auf jeden Fall nicht mehr ansprechbar.»
Gelähmt im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU
Ihrem Sohn geht es den Umständen entsprechend gut, der junge Bündner hat nur zwei Prellungen. Aber: «Psychisch ist es ganz schlimm für ihn. Ich glaube, das Ganze ist noch gar nicht gesackt. Das wird lange dauern, diesen Unfall zu verarbeiten.»
Auch, weil er um das Schicksal seines Freundes Luis weiss. Der junge Mann hat sich beim Unfall drei Rückenwirbel gebrochen, ist jetzt querschnittsgelähmt. Er liegt im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU und erholt sich von dem Crash. «Mein Sohn telefoniert die ganze Zeit mit ihm, er wäre am liebsten selbst dort», sagt die Mutter.
In Gedanken bei den betroffenen Familien in Liechtenstein
Die beiden Liechtensteiner hätten ihr Sohn und Luis hingegen noch gar nicht so lange gekannt: «Den Fahrer vielleicht seit zwei Monaten, den Beifahrer erst seit zwei Wochen. Sie haben sich via Social Media und ihrer Vorliebe für schnelle Autos kennengelernt.» Dennoch ist man in Gedanken auch bei ihnen: «Wir denken viel an die Familien der Verstorbenen und was sie jetzt durchmachen müssen.»
* Namen geändert