Marissa Mayer (40) ist gescheitert. Vor vier Jahren war sie angetreten, um den serbelnden Internet-Riesen Yahoo zu retten. Daraus ist nichts geworden. Wie heute bekannt wurde, wird das Unternehmen verkauft.
4,8 Milliarden Dollar zahlt Telekom-Gigant Verizon für Yahoo. Ein Schnäppchen: Analysten hatten den Wert der Internet- und E-Mail-Sparte von Yahoo jüngst auf auf sechs bis acht Milliarden geschätzt. Der Kaufpreis beinhaltet nur das Kerngeschäft von Yahoo. Die Alibaba-Anteile und das Japan-Geschäft (Wert: 40 Milliarden) werden in ein eigenständiges Unternehmen umgewandelt.
Verizon will Yahoo mit seiner eigenen Internet-Sparte AOL zusammenlegen. Der Konzern erhofft sich dadurch, Google und Facebook bei der Online-Werbung die Stirn bieten zu können.
Mayer will bleiben
Mayer gibt sich zuversichtlich. «Ich werde bleiben», schreibt sie in einer persönlichen Email an ihre Mitarbeiter. «Ich liebe Yahoo. Und ich glaube an Euch. Es ist mir wichtig, zu sehen, wie Yahoo das nächste Kapitel aufschlägt.»
Welchen Posten sie übernehmen wird, ist unklar. Fakt ist: Verlässt Mayer das Unternehmen, bekäme sie eine Abgangsentschädigung von 55 Millionen Dollar.
Es ist das jähe Ende eines Internet-Pioniers. Yahoo, gegründet 1994 von den Stanford-Studenten Jerry Yang und David Filo, startete als Internet-Verzeichnisdienst, sozusagen ein Telefonbuch fürs Internet. Entsprechend der augenzwinkernde Name: «Yet Another Hierarchically Organized Oracle» (Noch ein hierarchisch geordnetes Orakel).
Die Idee kam an. Yahoo wurde für viele Nutzer zur Startseite auf ihrem Weg ins Netz. Doch das Web wurde schnell zu gross für diese Art der Katalogisierung. Damit schlug die Stunde von Internet-Suchmaschinen wie Google, die Inhalte selbst erfassen und und nach einem Algorithmus sortieren.
Google-Kauf scheiterte
Yahoo versuchte sich zwar auch in diesem Geschäft, konnte jedoch - wie allerdings alle anderen auch - nicht mit Google mithalten.
2002 nahm der damalige Yahoo-Chef Terry Semel noch einen Anlauf, Google für drei Milliarden Dollar zu kaufen. Doch die Gründer liessen ihn abblitzen. 2006 bot Semel auch einem jungen Mann namens Zuckerberg eine Milliarde Dollar für dessen aufstrebendes Online-Netzwerk. Doch Mark Zuckerberg überzeugte seine Investoren, dass Facebook mit ihm an der Spitze viel mehr erreichen würde.
Verkaufsangebot abgeschmettert
Vor acht Jahren hatte Microsoft 45 Milliarden Dollar für Yahoo geboten – mit dem Zeil, das Web-Geschäft im Konkurrenzkampf mit Google aufzurüsten. Mitgründer Yang, der Semel inzwischen an der Spitze abgelöst hatte, lehnt ab.
Aus heutiger Sicht wäre das ein guter Deal gewesen. Denn heute liegt Yahoo weit abgeschlagen hinter Google und Facebook im Geschäft mit Online-Werbung, trotz Hunderter Millionen Nutzer in seinen Diensten wie Email oder News.
Mehrere Chefs versuchten ohne Erfolg, das Steuer herumzureissen. Zuletzt kam vor vier Jahren Marissa Mayer, und sie schien einen klaren Plan zu haben. Sie wollte mit einem üppigeren Medienangebot mehr Nutzer anlocken, damit das Werbegeschäft wächst.
Blogger-Platform zahlte sich nicht aus
Zusätzlich investierte Mayer in die Rückkehr zu einem eigenen Suchmaschinen-Geschäft: Unter ihren Vorgängern hatte Yahoo die eigenen Algorithmen eingestampft und die Arbeit an Microsoft ausgelagert. Um jüngere Nutzer zu gewinnen, kaufte sie für eine Milliarde Dollar die Blogplattform Tumblr.
Doch die Rechnung ging nicht auf. Die Online-Werbung wanderte weiterhin vor allem zu Google und Facebook, das Mediengeschäft wurde inzwischen wieder eingedampft. Auch Tumblr zündete nicht.
Innert 20 Jahren mutierte ein Internet-Pionier zu einem billigen Übernahmekandidaten. (bam/SDA)