Auf einmal war Schluss. Die Reise-Branche stand still, Flieger blieben fast ausnahmslos am Boden, Passagiere zu Hause. Corona hat der Welt eine Zwangspause verordnet.
Für den Reiseveranstalter Kuoni ist das eine Katastrophe mit historischen Dimensionen und unabsehbaren Folgen. Die Eigenständigkeit ist in Gefahr. «Wir hinterfragen alles», sagt Kuoni-Chef Dieter Zümpel (62) zur «SonntagsZeitung». Selbst die Fusion mit Hotelplan ist wieder auf dem Tisch.
Dabei geht es um das Massengeschäft. Um Badeferien am Meer. «Der Kuchen in diesem Segment wird künftig kleiner», sagt Zümpel. «In dieser Situation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Der Stärkste überlebt, oder aber es kommt zu Zusammenschlüssen. Wir sind offen für jedes Gespräch mit Mitbewerbern – Hotelplan ist einer davon.»
Kahlschlag ohne Tabu
Hotelplan und Kuoni haben in den letzten zehn Jahren wiederholt über eine Hochzeit nachgedacht. Die Verlobung war schon gefeiert, dann folgte wieder und wieder die Entzweiung. Die brüchige Liebe geht zurück bis ins Jahr 2009. Damals drängte der ehemalige Migros-Chef Herbert Bolliger auf eine Vermählung. Das interne Codewort: «Alpen».
Bereits damals gab es Probleme im Geschäft mit Badeferien. Aber die Corona-Krise stellt alles Bisherige in den Schatten. Kuoni, mittlerweile im Besitz von DER Touristik, erlebt eine lebensbedrohliche Krise.
«Wir überprüfen alles», sagt Zümpel. «Das Filialnetz, die Produktion der Reisen, aber auch die Kosten der Zentrale.»
Lohn sinkt
«Selbstverständlich wollen wir so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten», so Zümpel weiter. «Aber bloss die Kosten für das Kopierpapier neu zu verhandeln, reicht nicht mehr.»
Zusammen mit den Schwesterfirmen Helvetic Tours und Railtour beschäftigt DER Touristik über 1000 Angestellte in der Schweiz. Über 80 Filialen gehören zum Reiseunternehmen.
Ende Januar war die Welt noch in Ordnung. «Wir lagen beim Umsatz fast zweistellig im Plus», so Zümpel. Dann kam Corona. Die Mitarbeitenden wurden auf Kurzarbeit gesetzt. Bis Ende Mai waren die Löhne auf 100 Prozent aufgestockt. «Ab Juni ist das bedauerlicherweise nicht mehr der Fall.»
Streit mit der Swiss
Für den Sommer wagt Zümpel keine Prognose. Aufs Jahr hochgerechnet erwartet er ein Umsatzminus von 70 Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass DER Touristik noch immer auf Geld von der Swiss wartet. Zümpel spricht von einer «erklecklichen Millionensumme».
«Wir werden laufend vertröstet, während die Swiss laut eigener Aussage Rückzahlungen an Kunden tätigt, die direkt bei ihr gebucht haben. Das ist absolut inakzeptabel», so Zümpel.
Die Angelegenheit könnte schon bald die Gerichte beschäftigen. «Wir hoffen noch immer, das Problem im Dialog zu lösen», so Zümpel. «Parallel dazu bereiten wir die nötigen formaljuristischen Schritte vor.» (ise)