Wenn sie plaudern, droht Knast
Raiffeisen-Chefs haben Einsicht in Geheimbericht

Der Streit um den Finma-Bericht zu den Machenschaften von Ex-Chef Pierin Vincenz bei Raiffeisen geht in eine neue Runde. Die Delegierten der Genossenschaften erhalten Einsicht in das brisante Papier, sie müssen aber über dessen Inhalt schweigen.
Publiziert: 03.07.2018 um 20:20 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:01 Uhr
Interimspräsident Pascal Gantenbein und Raiffeisen-Chef Patrik Gisel pochen auf Geheimhaltung beim Finma-Bericht.
Foto: Siggi Bucher
Sven Zaugg

Diesen Bericht wollen alle lesen. Allen voran die Delegierten der Genossenschafts-Bank Raiffeisen. Es geht um das Papier der Finanzmarktaufsicht (Finma), in dem die Kontrollbehörde dem Verwaltungsrat von Raiffeisen ein vernichtendes Zeugnis ausstellt und von «schwerer Verletzung von Aufsichtsrecht» während der Ära Pierin Vincenz (62) spricht.

Zugang zum Bericht, der vor mehr als zwei Wochen publiziert wurde, hatten bis anhin lediglich die Geschäftsleitung der Raiffeisen-Zentrale und der Verwaltungsrat. In den kommenden Wochen dürfen dann auch die Präsidenten und Leiter der 255 Raiffeisen-Banken im Land den Bericht studieren. Sie fordern schon lange Klarheit über die Rolle des Mutterhauses in der Affäre Vincenz. Der Bericht wird laut Raiffeisen an verschiedenen Standorten in der ganzen Schweiz aufliegen.

Delegierte müssen schweigen

Dass der Bericht Zündstoff birgt, zeigt auch eine Vertraulichkeitserklärung, die die Delegierten vor Einsicht unterzeichnen müssen, wie der Finanzblog «Inside Paradeplatz» berichtet. Im Dokument «Vertraulichkeitserklärung für das Projekt Taskforce/Finma-Verfügung» wird festgehalten, dass «eine Verletzung dieser Geheimhaltungsverpflichtungen» strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen würde.

Im Klartext heisst das: Die Delegierten erhalten Zugang zum Bericht, müssen aber über dessen Inhalt schweigen. Sonst drohen Gefängnis oder saftige Geldbussen. Das klingt drastisch, ist aber bei solch sensiblen Papieren Usus.

Grund: «In der Erklärung werden die Delegierten auf die Vertraulichkeit und die entsprechenden Gesetzesartikel aufmerksam gemacht, da in der Verfügung der Finma sowohl Informationen, die dem Bankgeheimnis als auch dem Geschäftsgeheimnis unterliegen, enthalten sind», sagt Raiffeisen-Sprecherin Angela Rupp. 

«Maulkorb» und «vertragliches Schweigen»

Im Bericht sind laut Raiffeisen zudem Informationen enthalten, die im aktuellen Strafverfahren verwendet würden. Dazu müsse eine Geheimhaltungsverfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zur Kenntnis genommen und unterzeichnet werden, sagt Sprecherin Rupp.

Die von BLICK kontaktierten Delegierten finden, die Vertraulichkeitserklärung sei angebracht. Ein Delegierter sagt, der Bericht enthalte mit hoher Wahrscheinlichkeit Passagen, die das Geschäftsgeheimnis der Bank tangierten. Jede andere Bank würde solche Informationen ebenfalls unter Verschluss halten.

Hinzu gesellen sich aber auch Stimmen, die der Erklärung nicht viel abgewinnen können. Ein Delegierter spricht von einem «Maulkorb», von «vertraglichem Schweigen». Das sei typisch für eine Führung, die etwas zu verbergen habe. Damit meint der Delegierte allen voran Interimspräsident Pascal Gantenbein (48) und CEO Patrik Gisel (56).

Gisel weist alle Vorwürfe von sich

Gisel seinerseits betonte an der Delegiertenversammlung, der Finma-Bericht erhebe keine Vorwürfe gegen ihn. Doch so eindeutig ist die Sache nicht. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» sagte Finma-Chef Mark Branson (67) kürzlich, dass gegen die Geschäftsführung bisher nichts vorläge, was ein Verfahren rechtfertige. Aber: «Wir treffen die endgültigen Entscheide, wenn alle Ergebnisse vorliegen, auch die interne Untersuchung der Bank», so Branson.

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