Die Europäische Union erhöht mit einer schwarzen Liste den Druck auf Steueroasen. Die 17 Länder umfassende Liste sei notwendig, da sie sich trotz monatelanger Gespräche geweigert hätten, ihre Steuerschlupflöcher zu schliessen, glaubt das EU-Steuerkommissariat.
Zwar ist die Schweiz von der EU nicht auf die schwarze Liste gesetzt worden, dafür findet man sie auf einer grauen. Dass die Eidgenossenschaft dort landet, war nicht erwartet worden.
Schweiz geht noch weiter als Belgien und Zypern
Denn: Die «Patentbox», ein Steuerkonstrukt wie es Italien, Frankreich und Spanien kennt, gibt es heute (mit Ausnahme des Kantons Nidwalden) nicht. Auch ist die Abschaffung von «schädlichen» Steuerprivilegien wie den Holding- und Domizilprivilegien, wie es die EU verlangt, unbestritten.
Auch hat sich die Schweiz ohne Wenn und Aber zur Bekämpfung der doppelten Nichtbesteuerung, wie es die OECD fordert, bekannt und dies im Entwurf zur neuen Unternehmenssteuerreform berücksichtigt.
Und schliesslich hat sie – im Gegensatz zu Belgien und Zypern – den automatischen Austausch von steuerlichen Länderreports von Konzernen und den spontanen Austausch von Steuerbescheiden beschlossen.
Seltsame Argumente der EU
Nun zeigen Recherchen des «Tages-Anzeigers», dass mindestens sechs weitere EU-Länder auf dieser grauen Liste figurieren müssten, dies sind:
- Frankreich: nicht OECD-konforme Patentbox
- Italien: nicht OECD-konforme Patentbox
- Spanien: nicht OECD-konforme Patentbox
- Gibraltar (GB): Regimes zur Nullbesteuerung ausländischer Erträge
- Belgien: kein automatischer Austausch von Steuervorbescheiden
- Zypern: kein automatischer Austausch von Konzern-Länderberichten
Aber wie rechtfertigt die Kommission, dass EU-Länder eine Vorzugsbehandlung erhalten, während die Schweiz öffentlich an den Pranger gestellt wird?
«Die EU-Länder werden von EU-Gremien bereits sehr genau beobachtet und zur Konformität angehalten», heisst es aus Brüssel. Jedes Land erfülle bereits die Steuerregeln, mit denen Nicht-EU-Länder beurteilt würden, behauptete die Kommission im Dezember.
Machtdemonstration gegenüber der Schweiz
Es sei unverständlich, dass die EU ihre eigenen Probleme nicht gelöst habe, anderen Ländern aber den Tarif durchgebe, sagt der führende CVP-Steuerpolitiker Leo Müller (LU) dem «Tages-Anzeiger». Er könne nicht nachvollziehen, warum die EU die Schweiz auf die graue Liste gesetzt habe. Er spricht von einer «reinen Machtdemonstration gegenüber der Schweiz».
Sollte die EU nächsten Dezember feststellen, dass die Schweiz sich nicht bewegt, könnten EU-Länder Sanktionen ergreifen. (zas)