Rekord-Sicherheitsaufgebot am WEF
Sogar Büro-Polizisten müssen an die Front

In letzter Minute mobilisiert die Bundespolizei weitere Kräfte für Davos GR. Auch Senioren und Bürolisten werden zum Schutz der Mächtigen aufgeboten.
Publiziert: 20.01.2018 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 23:45 Uhr
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Das WEF braucht zusätzliches Sicherheitspersonal. Dafür wurden auch ehemalige Polizisten mit Fronterfahrung gesucht.
Foto: Illustration: Igor Kravarik
Tobias Marti und Fabian Eberhard

Kommt er oder kommt er nicht? Der «Government Shutdown» – die Stilllegung weiter Teile der öffentlichen Verwaltung in den USA – könnte den WEF-Besuch von Donald Trump gefährden. Noch ist nicht klar, ob der US-Präsident seine kommenden Auslandsreisen antreten wird.

Dennoch sorgt das Weltwirtschaftsforum weiter für Nervosität. In den vergangenen Tagen erhielten Agenten und Fahnder der Bundespolizei eine alarmierende Nachricht: In Davos fehle es an Sicherheitspersonal!

Dringend gesucht sind vor allem Beamte für den Nah- und Personenschutz der hochkarätigen WEF-Teilnehmer. Bewaffnet und in Zivil sollen sie Dienst in den Bündner Bergen tun, etwa in den Hotels oder im Konferenzzentrum. Bei der Bundespolizei in Bern gingen diese Woche Dutzende Anfragen nach zusätzlichen Kräften ein.

Hauptsache Fronterfahrung

Insider teilten SonntagsBlick mit, dass Personal quer durch alle Altersklassen und Dezernate aufgeboten werden soll – egal, ob aus der Abteilung Sprengstoff, Waffen, Geldwäscherei, Menschenhandel oder anderen. Gesucht seien vor allem ehemalige Polizisten mit Fronterfahrung, selbst wenn diese Jahre zurückliege.

Auch ältere Agenten kurz vor der Pension wurden angefragt.

«Es ist das erste Mal, dass so kurzfristig in so grossem Stil nachmobilisiert wird», sagt ein involvierter Bundespolizist. Jeder, der keine zwingenden Termine geltend machen kann, werde zum Gang nach Davos gezwungen. Derzeit fahndeten in Bern zahlreiche Bundespolizisten – nach einer Ausrede!

Anne-Florence Débois, Sprecherin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), bestätigt die kurzfristige Massnahme: «Zur Unterstützung schicken wir zusätzliche Sicherheitsagenten.» Es gehöre zum Prinzip des Fedpol, dass die Kantonspolizeien entlastet werden.

Dieses Jahr gebe es am WEF mehr Interessenten an einem individuellen Personenschutz. Der Grund: Selten haben sich so viele hochkarätige Staats- und Regierungschefs angemeldet, darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und EU-Chef Jean-Claude Juncker.

Laut André Kraske vom WEF-Ausschuss der Bündner Regierung muss die Schweiz für diese völkerrechtlich geschützten Personen die Sicherheit während des Aufenthalts gewährleisten.

Aufgrund der grossen Anzahl schützenswerter Gäste seien daher Anpassungen im Sicherheitsdispositiv nötig. Wirtschaftsführer oder sonstige WEF-Teilnehmer dagegen hätten keinen Anspruch auf solchen Schutz. Morgen Montag wollen Polizei und Armee die Öffentlichkeit über den Stand der Vorbereitungen informieren.

Gross-Demo am Dienstag in Zürich

Derweil rüsten sich auch Städte für die WEF-Woche. Insbesondere Zürich droht ein heisser Demo-Dienstag. Dort planen Globalisierungskritiker für den Abend eine Grossdemonstration gegen Rassimus, Sexismus und Kapitalismus. Ihr Motto: «Trump not welcome!»

Der angekündigte Besuch des US-Präsidenten schweisst die WEF-Gegner zusammen. Dem ursprünglichen Kundgebungsaufruf der Bewegung für den Sozialismus (BFS) haben sich unterdessen Gruppierungen aus dem gesamten linken Spektrum angeschlossen. Erstmals seit Jahren arbeiten gemässigte und militante Organisationen wieder eng zusammen. Neben parlamentarischen Gruppen wie den Jungsozialisten (Juso) oder der Gewerkschaft VPOD mobilisieren auch radikale Kräfte wie der Revolutionäre Aufbau und Anarchisten aus Bern für den WEF-Protest.

Die Zürcher Stadtpolizei rechnet mit einer «sehr grossen» Teilnehmerzahl. Sprecher Marco Cortesi schliesst nicht aus, dass auch gewaltbereite Demonstranten anreisen. Dennoch habe man bisher keine Unterstützung aus anderen Kantonen angefordert – auch deswegen, weil nicht nur in Zürich, sondern gleichzeitig in mehreren anderen Städten Demonstrationen angekündigt seien.

Juso-Präsidentin Tamara Funiciello ist überzeugt, dass der Widerstand gegen den Besuch des US-Präsidenten viele Menschen auf die Strasse treiben wird. Sie stellt aber klar: «Unser Protest richtet sich nicht nur gegen Trump, sondern auch gegen das WEF an sich.»

In Davos werde ein Prozent der Menschheit «undemokratisch und intransparent» über die restlichen 99 Prozent entscheiden. Wenn es darum gehe, dagegen zu protestieren, habe man auch keine Berührungsängste mit linksradikalen Aktivisten.

Wegen Trump – «We're sorry!»

Sie sind Amerikaner und schämen sich. Für ihren Präsidenten Donald Trump. Am Samstag demonstrierte die Gruppe «Action Together» am Werdmühleplatz in Zürich. Ihr Motto: «We’re sorry» – es tut uns leid. Die Aktion war Teil einer globalen Kampagne von Amerikanern, die sich ausserhalb ihres Landes als Widerstandsbewegung formiert haben. Anlässlich des angekündigten Besuchs von Donald Trump am WEF in Davos forderten sie die Einhaltung der amerikanischen Grundwerte. Fabian Eberhard

Sie sind Amerikaner und schämen sich. Für ihren Präsidenten Donald Trump. Am Samstag demonstrierte die Gruppe «Action Together» am Werdmühleplatz in Zürich. Ihr Motto: «We’re sorry» – es tut uns leid. Die Aktion war Teil einer globalen Kampagne von Amerikanern, die sich ausserhalb ihres Landes als Widerstandsbewegung formiert haben. Anlässlich des angekündigten Besuchs von Donald Trump am WEF in Davos forderten sie die Einhaltung der amerikanischen Grundwerte. Fabian Eberhard

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