«Kommen Sie vorbei, wann es Ihnen passt», sagt Robert Dubler. Er hat keine Agenda – da macht er auch keine Termine ab. Er sei sowieso meistens da, sagt er am Telefon, in seiner 15-Mitarbeiter-Fabrik für Mohrenköpfe im Aargauer Freiamt.
BLICK fährt spontan an einem Donnerstagmorgen nach Waltenschwil AG, eine typisch gut geordnete, doch verschlafene Mittelland-Gemeinde. Als Kontrast steht die Parzelle der Dublers am Ortseingang. Stellvertretend für die Unangepasstheit grüsst auf dem Firmenparkplatz ein International-Stationwagon (Englischer Ausdruck für einen Kombi), der seit Jahrzehnten vor sich hinrostet.
Klingeln. Klar, Dubler ist da. Seine Mohrenköpfe, die hier metallisch glänzend verpackt werden, kennt die ganze Schweiz. Seit letztem Herbst weiss sie auch, dass dem Patron der Begriff Mohrenkopf heilig ist. Ein paar Hundert Menschen hatten Dubler mittels Petition «Schaumküsse müssen nicht rassistisch sein» aufgefordert, sein Produkt nicht mehr Mohrenkopf zu nennen. «Der Begriff ist nur diskriminierend, wenn er etwas Schlechtes bezeichnet», blockt Dubler. «Solange ich lebe, bleibt der Name.» 70-jährig ist er mittlerweile, irgendwann wird Robert Junior (38), Sohn aus erster Ehe, übernehmen.
Alles in bar
Begonnen hat hier alles mit Vater Robert senior. 1946 verkaufte er im benachbarten Wohlen aus einer Waschküche heraus die ersten Mohrenköpfe. Sieben Jahre später zügelte die Produktion in die neu gebaute Fabrik in Waltenschwil. Der Sohn übernahm 1971. Eine seiner ersten Aktionen als Chef: Er entfernte die Abbildung eines schwarzen Kopfes mit grossen Lippen von der Verpackung.
Der Name dagegen ist trotz der Kritik bis heute derselbe geblieben. Den Beifall aus der Bevölkerung dafür genoss er im Herbst, jenen von den Provokateuren der Jungen SVP nicht. Er mag keine Politiker. Banker auch nicht. «Sie betrügen die unteren 90 Prozent der Gesellschaft.»
Extreme Konsequenz: Weil er die Banker-Praktiken ablehnt, kriegen die Mitarbeiter ihr Gehalt in bar. Wer im Fabrikladen einkauft, kann nicht mit Karte bezahlen. «50 Mohrenköpfe 1. Wahl (mit Folie)» kosten 30 Franken.
«Will nicht wachsen»
Dubler ist überzeugt: Wer einmal in einen Mohrenkopf frisch ab Produktion gebissen hat, findet den nicht mehr gut, der wochenlang im Verkaufsregal gestanden hat. Scheint zu stimmen: Alle paar Minuten biegt ein Auto auf den Fabrikparkplatz ein, um sich kistenweise Mohrenköpfe abzuholen. Die Hälfte seiner Produktion von wöchentlich 200’000 Mohrenköpfen verkauft Dubler direkt ab Fabrik.
Die andere Hälfte liefert er an Beizen, Kioske, auch an Volg oder Spar. Aber – solange es kein Zwischenhändler tut – nicht an Migros und Coop, wo die Konkurrenz-Produkte Schaumküsse oder Choco-Köpfli heissen. «Mit diesen Namen ist niemandem geholfen», schimpft Dubler die politische Korrektheit.
Natürlich könnte er mehr verkaufen, passte er sich an. «Aber ich will nicht wachsen. Dann müsste ich Kredite bei den Banken aufnehmen und die Buchhaltung ausbauen», sagt er. Er erzählt sogar mit Genugtuung, dass sein Umsatz letztes Jahr unter vier Millionen Franken gefallen ist. Das Geschäft ist solide, das ganze Jahr über. Sogar an Ostern verkauft Dubler heute Mohrenköpfe, früher war das nicht so. «Der Ruf der Osterhasen hat im Laufe der letzten Jahre gelitten.»
Rennstall und junge Frau
Dubler beisst in einen Mohrenkopf. Er isst einen pro Tag. Der Schaum bleibt im mächtigen Schnauz hängen. Wie er so trotzig auf Politiker, Banker und Detailhändler schimpft, erinnert er an Kult-TV-Soldat Läppli.
Doch Dubler gefällt sich, kultiviert es, aus der Reihe zu tanzen. Sowohl in- als ausserhalb der Fabrik: Gleich neben dem Wohnhaus, das seine Eltern neben der Fabrik gebaut haben, steht ein Erdhaus. Gebaut hat es Dubler selbst mit einem Betonspritzer in der Hand. Geholfen haben ihm bloss ein Maurer und ein Eisenleger.
Noch extravaganter ist bloss Dublers Hobby: Autorennen – und das Herumtüfteln an seinen Autos in der Garage neben der Fabrik. Aus Steuergründen erhält der Freizeit-Rennstall Mohrenkopf Dubler Switzerland das bisschen Geld für seine drei Autos aus dem Werbebudget der Fabrik. Am stolzesten ist der Chef auf seine 68er-Corvette. Steve McQueen (1930–1980) fuhr sie im Film «Le Mans». Dubler zahlte danach 20'000 Franken dafür – heute ist sie eine halbe Million wert. Zu sieben Rennen im Jahr fährt er im Schnitt. Mal nur für ein Wochenende nach Ungarn, einmal im Jahr für drei Wochen in die USA.
Dort, am One Lap of America, bei dem man bis zu 6000 Kilometer in sechs Tagen zurücklegt, hat er 2006 seine Frau Amanda Hennessy (36) kennengelernt. Sie war damals Mechanikerin bei General Motors. Heute fährt sie im Team Dubler mit, arbeitet in Betrieb und Garage, manchmal aus Spass als Model. Und ist die Art Frau, die zu solch einem Typen wohl gehört.