Viagogo ist gaga!
Schweizer Ticketportal verärgert ganz Europa

Über die Webseite verkauft das Genfer Unternehmen Viagogo Tickets für Konzerte und Sportevents. Den Haken dabei erkennen die Kunden erst nach dem Kauf.
Publiziert: 04.04.2017 um 09:36 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:50 Uhr
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Ein Fan von Lady Gaga freute sich aufs Konzert. Am Ende bleibt ihm nur Ärger.
Foto: Keystone
Bastian Heiniger

Wer Tickets für ein Konzert, die Eishockey-Playoffs oder ein Champions-League-Spiel sucht, stösst im Internet oft als Erstes auf das Ticketportal Viagogo. Und ärgert sich dann beim Kauf. Weil plötzlich hohe Gebühren dazukommen, weil die Tickets nicht ankommen, weil sie auf den falschen Namen lauten oder ungültig sind.

Meldungen wie «Letzte Chance!» oder «Nur wenige Tickets übrig!» erscheinen bei Viagogo, wenn man Eintrittskarten sucht. Ein Countdown zählt zudem die Minuten runter, die einem zum Kaufentscheid bleiben. Damit erzeugt die Webseite gezielt einen hohen Kaufdruck.

Betroffen sind nicht nur Schweizer Kunden. Die Firma mit Sitz in Genf verärgert Käufer aus ganz Europa. Das zeigt eine Liste mit Beschwerden, die SonntagsBlick vorliegt. Leonardo Schlossmacher (25) aus Berlin etwa kaufte zwei Tickets für das Konzert von Lady Gaga kommenden Herbst in Antwerpen (B). «Erst nach dem Verkauf erfuhr ich, dass die Tickets aus zweiter Hand stammen und bis zu drei Tage vor dem Konzert geliefert werden», sagt er zu SonntagsBlick. Schlossmacher forderte sein Geld zurück – vergeblich. 

Viagogo suggeriert, dass es sich um ein offizielles Ticketportal handle. Darauf sei auch er hereingefallen. 

Doppelt so teuer wie bei der Konkurrenz

Und so meldeten sich jüngst zahlreiche verärgerte Personen aus Deutschland, Schweden, Holland, Polen und dem Vereinigten Königreich beim Konsumentenforum (KF), das auch als Schweizer Ombudsstelle für E-Commerce fungiert. «Viagogo gilt als hochgradig unseriös – täglich bearbeiten wir Fälle von unzufriedenen Konsumenten», sagt Rahel Nyffenegger (25) vom KF. Allein vergangene Woche seien sechs Beschwerden aus England gekommen. Warum gerade jetzt eine Häufung stattfindet, weiss sie nicht.

Auf die Masche des Portals ist auch SonntagsBlick-Leserin Andrea K.* hereingefallen. Sie kaufte zwei Tickets für das kommende Konzert des italienischen Sängertrios Il Volo in Zürich. «Ich dachte Viagogo sei die offizielle Verkaufsstelle. Bei Google kam die Webseite zuoberst.»

Stutzig wurde K. erst, als nach dem Kauf plötzlich ein Aufschlag von 48 Franken pro Ticket dazukam. Insgesamt zahlte sie für zwei Tickets 430 Franken. Später fand sie heraus, dass die Karten bei Ticketcorner nur die Hälfte gekostet hätten. «Da ist mir die Lust aufs Konzert vergangen», sagt K. Die Tickets wollte sie zurückgeben, erhielt aber nie eine Antwort.

Viagogo auf Tauchstation

Nyffenegger vom Konsumentenforum bestätigt, dass eine Kontaktaufnahme fast unmöglich sei. Auch auf die Konfrontation von SonntagsBlick antwortete das Unternehmen nicht.

Die Plattform ist auch Ticketcorner ein Dorn im Auge: «Solange der kommerzielle Wiederverkauf vom Gesetz toleriert wird, sind uns für rechtliche Schritte die Hände gebunden», sagt Sprecher Stefan Epli.

Mit Abmahnungen versucht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gegen Viagogo vorzugehen. Nur: «Nach gewissen Anpassungen auf der Webseite folgten später wieder Verschlechterungen, was zu neuen Interventionen unsererseits führte», sagt Sprecherin Isabel Herkommer. Für eine aktuelle Abmahnung muss Viagogo bis Ende April Stellung nehmen.

* Name der Redaktion bekannt

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