Überraschung für Digitec-Kunde
Produkt im Warenkorb kostet plötzlich mehr

Ein Online-Kauf bei Digitec Galaxus brachte Werner G. (37) auf die Palme: Nachdem er einen Artikel in den Online-Warenkorb gelegt hatte, kostete dieser plötzlich mehr als ursprünglich angegeben.
Publiziert: 06.10.2019 um 14:47 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2019 um 15:27 Uhr
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Leser Werner G. wollte bei Digitec Galaxus diesen Stuhl kaufen. Doch nachdem er den Artikel in den Online-Warenkorb gelegt hatte, war der Preis plötzlich höher.
Foto: Digitec Galaxus
Noël Brühlmann

Der alte Kinderstuhl von Werner G.* (37) hatte ausgedient. Also brauchte er für seinen jüngsten Sprössling einen neuen. Doch bei der Bestellung auf der Online-Seite von Digitec Galaxus traute er seinen Augen nicht: Wenige Sekunden nachdem G. den Artikel in den Warenkorb abgelegt hatte, war der Preis angestiegen!

Statt 68.80 Franken sollte er plötzlich 69.20 Franken bezahlen. Sofort reklamierte er beim Kundendienst. Digitec Galaxus zeigte sich kooperativ: Der Online-Händler überwies G. fünf Franken auf sein Twint-Konto zurück. Nach eigenen Angaben wollte er so sicherstellen, den Kunden nicht zu verlieren. So weit, so gut.

Und doch wirft die Sache viele Fragen auf. Wieso erhöht Digitec Galaxus die Preise, wenn die Artikel im Warenkorb liegen? Müssen sich Konsumenten vor solchen kurzfristigen Preisanstiegen fürchten?

Die Digitec-Preise schwanken

«Bei mir war der Preisanstieg mit 40 Rappen ja nicht drastisch», sagt Werner G. zu BLICK. Stutzig gemacht hat es ihn trotzdem. Er könne sich gut vorstellen, dass dies auch bei anderen Digitec-Kunden passiert ist. Sein Verdacht: «Digitec Galaxus zockt mit dieser Masche die Kunden ab.» Auch die Summe vieler kleiner Preisanstiege ergebe schliesslich einen ordentlichen Gewinn.

Diesem Vorwurf widerspricht der IT-Konzern vehement. «Wir zocken keine Kunden ab», betont Sprecher Alex Hämmerli. Aber wieso kam es dann zum kurzfristigen Preisanstieg? Er verweist auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen. «Digitec Galaxus und die Händler behalten sich das Recht vor, die Preise der angebotenen Produkte und Dienstleistungen jederzeit zu ändern. Massgebend für das Zustandekommen des Kaufvertrags ist der Preis im Onlineshop zum Zeitpunkt der Bestellung», heisst es da.

Hier gibt es bereits dynamische Preise

Schwankende Preise, je nach Uhrzeit, Kunde oder Nachfrage. Was im Online-Elektronikhandel gang und gäbe ist, wird auch in anderen Branchen angewandt. BLICK präsentiert die Übersicht.

Flüge: Die Airlines gehörten zu den ersten Unternehmen, die dynamische Preise eingeführt haben. Flüge zu Spitzenzeiten und in beliebte Destinationen sind teurer – Buchungen zu einem frühen Zeitpunkt billiger.

Skigebiete: Bei schönem Wetter wird das Ticket teurer, bei Nebel oder Schneefall einiges billiger. So funktionieren dynamische Preise in der Ski-Branche. Ab der kommenden Wintersaison werden so die Bergbahnen der Destination Gstaad ihre Preise anpassen. Schon länger machen dies die Skigebiete Pizol und Belalp. 28 statt 56 Franken kostete in Belalp die Tageskarte in vergangenen Wintern. 

UberDas amerikanische Taxi-Unternehmen greift schon länger auf äussert schwankende Preise zurück. Wenn in einem Moment viele Personen gleichzeitig einen Fahrdienst bestellen, wird es teurer. Immerhin: Der Kunde sieht jederzeit transparent, wie viel Prozent er draufzahlen muss. Wenn umgekehrt viele Fahrer ohne Auftrag sind, sinkt der Preis. Noël Brühlmann

Schwankende Preise, je nach Uhrzeit, Kunde oder Nachfrage. Was im Online-Elektronikhandel gang und gäbe ist, wird auch in anderen Branchen angewandt. BLICK präsentiert die Übersicht.

Flüge: Die Airlines gehörten zu den ersten Unternehmen, die dynamische Preise eingeführt haben. Flüge zu Spitzenzeiten und in beliebte Destinationen sind teurer – Buchungen zu einem frühen Zeitpunkt billiger.

Skigebiete: Bei schönem Wetter wird das Ticket teurer, bei Nebel oder Schneefall einiges billiger. So funktionieren dynamische Preise in der Ski-Branche. Ab der kommenden Wintersaison werden so die Bergbahnen der Destination Gstaad ihre Preise anpassen. Schon länger machen dies die Skigebiete Pizol und Belalp. 28 statt 56 Franken kostete in Belalp die Tageskarte in vergangenen Wintern. 

UberDas amerikanische Taxi-Unternehmen greift schon länger auf äussert schwankende Preise zurück. Wenn in einem Moment viele Personen gleichzeitig einen Fahrdienst bestellen, wird es teurer. Immerhin: Der Kunde sieht jederzeit transparent, wie viel Prozent er draufzahlen muss. Wenn umgekehrt viele Fahrer ohne Auftrag sind, sinkt der Preis. Noël Brühlmann

Digitec kontert die Vorwürfe

Aber wie lässt es sich erklären, dass die Preise innert Sekunden so stark schwanken? Digitec-Hämmerli wiegelt ab: «Dass sich der Preis innert Sekunden änderte, war Pech.» Weiter sagt er, die Preise würden sich häufig auch zugunsten des Kunden verändern.

Babette Sigg (57), geschäftsführende Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums, hofft, dass das stimmt. Aber sie hebt den Warnfinger: «Dieser Fall darf trotzdem nicht zur Regel werden.» Trotzdem könne sie sich kaum vorstellen, dass Digitec die Kunden absichtlich täusche. «Aber sollte sich herausstellen, dass sie das tun, wäre dies nicht tragbar.»

Ein gültiger Vertrag, aber ...

Hans-Ueli Vogt (49), SVP-Nationalrat und Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Zürich, beurteilt den Fall so: «Gemäss seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen kann Digitec Galaxus die Preise jederzeit ändern.» Wichtig sei aber, die Preise für den Kunden transparent zu machen – im Moment der Auswahl eines Produkts und bei Abschluss der Bestellung.

«Der Vertrag ist also gültig zustande gekommen», so Vogt. Ob dieser Umgang mit dem Kunden fair ist oder nicht, sei eine andere Frage, die der Rechtsprofessor nicht beurteilen möchte.

* Name geändert

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