Privat- und Geschäftskunden könnten schon im Jahre 2020 von einem Tempo von bis zu 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) profitieren, teilte der zweitgrösste Telekomkonzern am Mittwoch vor den Medien in Zürich mit.
Im Dezember hatte Sunrise bereits gezeigt, was die neue Mobilfunkgeneration kann. Unter Testlaborbedingungen erreichte sie eine Spitzengeschwindigkeit von 3,28 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s) erreicht. Das ist dreimal so schnell wie heute.
Zum Vergleich: Mit der heutigen Mobilfunkgeneration 4G (auch LTE genannt) ist im aller-allerbesten Fall etwa 1 Gbit/s möglich. An den meisten Orten endet die Fahnenstange in der Schweiz indes bei 300 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Und dies auch nur, wenn man eine ganze Handyantenne für sich alleine hat.
Allerdings findet der neue Temporausch vor allem ausserhalb der Ballungszentren statt. Denn in den Städten sind wegen der strengen Handystrahlenschutzvorschriften (NISV) 90 Prozent der Antennen am Anschlag und können nicht ausgebaut werden, sagte Sunrise-Chef Olaf Swantee vor den Medien.
Der Ständerat hatte im März erneut abgelehnt, die Grenzwerte lockern. Die Schweiz hat heute zehnmal schärfere Grenzwerte als die EU.
Ohne Lockerung der Grenzwerte sei es nicht möglich, die neue Mobilfunkgeneration in den Städten einzuführen. Deshalb werde Sunrise 5G am Anfang in den suburbanen Gebieten und auf dem Land einführen.
Damit bliebe der grosse Teil der Bevölkerung vom Fortschritt ausgeschlossen. Wenn die heutige NISV nicht geändert würde, könnte man maximal 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung mit 5G abdecken, sagte Sunrise-Technikchef Elmar Grasser am Rande der Veranstaltung im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Damit bliebe 5G ein Nischenprodukt, das dazu dienen würde, Breitbandinternet in Gegenden zu bringen, wo es keine Glasfasern gibt. 5G wäre also ein Festnetzersatz. Swantee rechnet mit einem Start von 5G ab dem Jahr 2020. «Wenn wir das NISV-Problem gelöst haben, kommen die Städte dran», sagte Grasser.
Bis 2020 werden auch die grossen Handyhersteller wie Apple oder Samsung 5G-fähige Smartphones und Tablets auf den Markt bringen.
Heute ist das Empfangsgerät, das Sunrise und der Telekomausrüster Huawei präsentierten, noch 2,5 kg schwer und so gross wie ein batteriebetriebener Handy-Lautsprecher für unterwegs.
Das ist immerhin schon ein gewaltiger Fortschritt. Im Dezember war das Empfangsgerät noch so gross wie ein mittlerer Aktenschrank. Der hätte nicht mal in den Kofferraum eines normalen Autos gepasst.
Das neue Empfangsgerät von Huawei schaffe derzeit unter realen Bedingungen eine Spitzengeschwindigkeit von 400 bis 500 Mbit/s, sagte Sunrise-Netzspezialist Michael Martin. Mit einer besseren Software dürfte es das Tempo verdoppeln.
Neben einer höheren Geschwindigkeit kann eine 5G-Antenne auch viel mehr Handynutzer gleichzeitig abdecken als 4G. Pro Antenne dürften etwa 300 Nutzer gleichzeitig surfen können, sagte Martin. Bei 4G seien es dagegen nur 60 bis 70 Nutzer bei einem vergleichbaren Surftempo.
Die neue 5G-Antenne in Zürich-Oerlikon bleibe vorerst in Betrieb, sagte Martin. Dafür habe man eine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) erhalten. Damit würden Tests durchgeführt, um Erfahrungen mit 5G im Alltagsbetrieb zu sammeln.
In welchem Dorf 5G zuerst eingeführt werde, wollte Grasser nicht sagen. Es werde ein Ort sein, wo Sunrise keinen Zugang zu Glasfasern habe und wo die Handyantennen noch nicht am Anschlag der Strahlenschutzgrenzwerte seien, damit sie auf die neue Technologie aufgerüstet werden könnten.
Sunrise-Finanzchef André Krause rechnet nicht mit einem signifikanten Anstieg der Investitionen durch die Einführung von 5G. Derzeit investiert Sunrise rund 150 Millionen Franken pro Jahr. Davon gehen zwei Drittel in den Mobilfunk.
Sunrise plane nicht, viele neue Handyantennen zusätzlich zu den 3'500 bisherigen aufzustellen. Der Grossteil der Investitionen sei damit schon getätigt. Denn das Teure an einer Antenne sei der Bau. Die technische Ausrüstung mache lediglich ein Viertel der Kosten aus, sagte Krause im Gespräch.
Zuerst muss allerdings noch die Frequenzauktion der Eidg. Kommunikationskommission durchgeführt werden, mit der die neuen Frequenzen für 5G vergeben werden. Diese soll gemäss früheren Angaben noch im Herbst stattfinden. Ein Datum stehe noch nicht fest, sagte Bakom-Vizedirektor Philippe Horisberger.