Foto: Keystone

Tausenden Hausbesitzern droht der Konkurs
So schlimm wird der Immo-Crash

Jüngst häuften sich die Warnungen vor einer Immobilienblase von offizieller Seite wieder. Auch wenn es kaum mehr jemand hören mag: Der nächste Crash kommt bestimmt, und wird Tausende in den Konkurs treiben.
Publiziert: 14.04.2019 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 11:47 Uhr
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Eine Preisblase? Diese Hütte mit Grundstück von 2900 Quadratmetern ist auf Comparis für 750'000 Franken ausgeschrieben. Es befindet sich in der Umgebung von Locarno.
Foto: Comparis.ch
Harry Büsser

Beim nächsten Crash droht vielen Immobilienbesitzern der Bankrott. Ganz ungeschoren jedenfalls dürfte kaum einer davonkommen.

«Statistisch betrachtet muss etwa alle 20 Jahre mit einem Einbruch der Immobilienpreise gerechnet werden», sagt Andreas Loepfe (55), Direktor des Zentrums für Immobilienmanagement an der Universität Zürich. Bei der letzten Krise in den 90er-Jahren fielen die Preise im Schnitt um 40 Prozent. Loepfe: «Einzelne Liegenschaften ver­loren sogar deutlich mehr.»

Ab 60 Prozent beginnen die Schwierigkeiten

Ein solcher Preiseinbruch würde heute alle in Schwierigkeiten bringen, die ihre Immobilie mit mehr als 60 Prozent beliehen haben – er radiert ihr Eigenkapital aus. Die Banken verlangen dann, dass Kapital nachgeschossen wird. Wer eine Hypothek von 600'000 Franken aufgenommen hat, muss bei einem Preiseinbruch von 40 Prozent mindestens 120'000 Franken nachschiessen, um wieder 20 Prozent Eigenkapitaldeckung zu erreichen. Gelingt dies nicht, folgt der Bankrott – und ein Teufelskreis beginnt: Durch Zwangsversteigerungen werden die Preise noch weiter in die Tiefe gerissen.

Einigermassen sicher darf sich fühlen, wer seine Immobilie mit mindestens 52 Prozent Eigenkapital finanziert hat. Nach einem Preissturz von 40 Prozent genügt das Eigenkapital dann noch immer den Mindestanforderungen. Wirklich auf der sicheren Seite sind nur Besitzer, die ihre Immobilie mit einer Hypothek von 
30 bis 40 Prozent belehnt haben. Immobilienexperte Loepfe: «Die meisten Banken sehen im Kleingedruckten der Hypothekarverträge schon bei höheren Eigenkapitalquoten eine Nachschusspflicht vor.»

Gehäufte Unglücksprophezeiungen

Klar: Schon seit Jahren warnen Experten vor einer Immobilienblase. Doch in jüngster Zeit häuften sich die Unglücks-Prophezeiungen. Und mit der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht (Finma) stimmen nun auch zwei unverdächtige Institutionen in den Chor der Warner mit ein.

Dabei geht es neuerdings verstärkt auch um Rendite-Immobilien – Wohnungen, die gekauft werden, um Mieteinnahmen zu erzielen. Denn in diesem Sektor hat sich die Preisblase besonders deutlich bemerkbar gemacht.

Die Finma blickt auch deshalb so nervös auf den Immobilienmarkt, weil ein Crash viele Banken in Schwierigkeiten bringen würde.

Mit Immobilienfinanzierungen übernommen

Ein Stresstest zeigt: Rund die Hälfte der überprüften Institute würde bei einer Immobilienkrise wie in den 90er-Jahren dringend neues Kapital benötigen.

Gelingt es den betroffenen Banken dann nicht, das Geld aufzutreiben, kommt es zu Konkursen wie jenem der Spar- und Leihkasse Thun. Die ging wenige Monate nach ihrer 125-Jahr-Jubiliäumsfeier im Oktober 1991 bankrott. Bis dahin war sie die zweitgrösste Bank des Berner Oberlandes. Die Spar- und Leihkasse hatte sich mit Immobilienfinanzierungen im ganzen Land übernommen und war auf den Einbruch der Liegenschaftspreise denkbar schlecht vorbereitet.

Solche Schreckensszenarien, wie sie derzeit wieder gern verbreitet werden, haben nun auch das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) auf den Plan gerufen. Es verlangt von den Banken wirksame Massnahmen, die 
eine weitere Akzentuierung der Blase zumindest verlangsamen können.

Aus diesem Grund möchte die Bankiervereinigung jetzt die geforderte Mindestamortisation erhöhen. Bisher müssen Immobilienbesitzer jährlich ein Prozent ihrer Hypothekarschulden zurückbezahlen. Dieser Betrag soll steigen – und die Grenze der maximal möglichen Belehnung sinken.

Kaum Alternativen

Experten bezweifeln allerdings, ob dies Investoren davon abhalten wird, weiter in Ren­dite-Immobilien zu investieren. «Mangels Alternativen wird weiter in Rendite-Immobilien investiert werden», sagt Adriel Jost, Chefökonom beim unabhän­gigen Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners.

Stefan Heitmann, Chef des Hypothekenvermittlers Moneypark, sekundiert: «Die im Jahr 2018 erzielten Renditen von über fünf Prozent haben Anleger bestärkt, weiter in Rendite-Immobilien zu investieren.»

Denn trotz rekordhohen Leerständen locken weiterhin hohe Erträge. Zwar stehen in der Schweiz derzeit 70'000 Wohnungen, leer und die Mieten sind unter Druck.

Im Vergleich hohe Gewinne

Doch Gewinne mit Rendite-Immobilien dürften im Vergleich zu Zinsen auf Sparkonten und Obligationen weiterhin hoch bleiben.

Was die Immobilienblase weiter wachsen lässt – bis zu dem Tag, an dem sie platzt.

SNB-Präsident Thomas Jordan über die Sorgen der SNB
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Leerstände werden zum Problem:SNB-Präsident Thomas Jordan über die Sorgen der SNB
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