Bereits ab Dezember könnten die ersten Fernbusse durch die Schweiz rollen. Der Bundesrat will nationale Fernbuslinien in den öffentlichen Verkehr einbinden (BLICK berichtete). Doch es gibt grossen Widerstand.
Die Städte sperren sich gegen den Fernbusverkehr. Für sie sind noch zu viele Fragen ungeklärt, wie die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV in einer Befragung von 38 Städten ermittelt hat.
Klar dagegen ist es etwa für Vevey VD – weil nationale Fernbusse für die Region und Pendler nichts brächten. Die Stadt Biel BE will wegen des Mehrverkehrs durch Passagiere keine Fernbusse im Zentrum. Sie fordert vom Bund, dass Gemeinden selber die Haltestellen bestimmen und Gebühren erheben können.
Vorbehalte äussern laut SEV auch Städte, die nicht grundsätzlich gegen Fernbusse sind. Baden AG, Bellinzona, Olten SO, Solothurn oder Yverdon VD fordern, dass die Fernbusse anderswo halten als etwa vom Schweizer Fernbusanbieter Domo gewünscht. Sie befürchten Behinderungen des bestehenden Busverkehrs.
Kein Platz mehr in Chur für Domo
Domo klopfte auch bei der Postauto AG an. Ihr gehört die überdachte Haltestelle oberhalb der Gleise beim Bahnhof Chur. Die Abfuhr kam auf der Stelle. «Mit Flixbus und IC-Bus haben wir in Chur die Kapazitätsgrenze erreicht», sagt Postauto-Sprecher Urs Bloch zu BLICK. Aus Konkurrenzgründen sei der Entscheid nicht gefallen.
Die Kapazität in den Städten ist das eine, die Eigentumsverhältnisse der Haltestellenfläche das andere. Punkto Gastrecht für Fernbusse in Bahnhofsnähe haben auch die SBB ein wichtiges Wort mitzureden. Das zeigen Erfahrungen der Fernbusunternehmen. «Natürlich sind wir, wo immer andere Verkehrsträger Hauptnutzer oder gar Flächenbesitzer sind, weniger gern gesehen», sagt Flixbus-Sprecher Martin Mangiapia zu BLICK.
Sein Beispiel: «In Zug stand ein zentraler Halt am Bahnhof zur Debatte, der letztlich verweigert wurde.» Auch Domo aus Glattbrugg ZH hat die Ablehnung von Halteorten durch die SBB zu spüren bekommen.
Domo-Vertreter nimmt die Bahn in die Pflicht
«Wenn die SBB und Postauto uns jetzt noch immer nicht in Bahnhofsnähe halten lassen, dann verhindern sie die Einbindung des Fernbusses ins bestehende Verkehrssystem und widersetzen sich dem Entscheid des Bundesrats», sagt Domo-Vertreter Patrick Angehrn.
Die SBB verweisen darauf, dass noch kein Konzessionsentscheid für Domo gefallen ist. Und falls eine Bewilligung vorliege, müsste man den Einzelfall prüfen, sagt ein Sprecher. Zudem seien die möglichen Halteorte meistens nicht auf SBB-Grundstück, sondern auf kommunalem Boden.
Der Städteverband sieht Halte-Stationen primär ausserhalb der Städte in Autobahnnähe. «Entscheidend ist, dass diese Haltepunkte ausreichend an den öffentlichen Verkehr, zum Beispiel mit einem Bus ins Stadtzentrum, angebunden sind», sagt Städteverband-Direktorin Renate Amstutz im Radio SRF.
Rückendeckung vom Nutzfahrzeugverband
Genau hier liegt laut Domo das Problem. «Haltezonen ausserhalb der Städte machen keinen Sinn, denn diese verunmöglichen eine Einbindung in das ÖV-System», sagt Angehrn.
Rückendeckung erhält er vom Nutzfahrzeugverband Astag. Vize-Direktor André Kirchhofer zu BLICK: «Ja, es braucht zusätzliche Car-Halteplätze für Fernbusse, für den privaten Reisebusverkehr – möglichst im Zentrum der Städte. Wir sind uns aber bewusst, dass das ein schwieriges Unterfangen ist.»
Eine verzwickte Situation: Erfolg haben dürfte ein nationales Fernbus-Netz einzig mit Halte-stellen in den Zentren. Halten die Busse ausserhalb, sind sie kaum konkurrenzfähig gegenüber der Bahn.