Springer-Chef Mathias Döpfner bittet die Internet-Giganten zur Kasse
«Die Dominanz von Google ist erdrückend»

Die einen produzieren Inhalte, die anderen kassieren: Springer-Chef Mathias Döpfner will das ändern. Er fordert, dass die Internet-Giganten Google und Facebook die Verlage entschädigen, wenn sie deren Produkte verwenden.
Publiziert: 11.02.2019 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2019 um 00:01 Uhr
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Enge Vertraute: Mathias Döpfner Ende Januar im Gespräch mit Friede Springer bei der Verleihung des B.Z.-Kulturpreises in Berlin.
Foto: Dukas
Interview: Guido Schätti

Jeder kennt es: Man gibt bei Google einen Suchbegriff ein und erhält Anrisse von Zeitungsartikeln ausgespuckt. Google kann damit Werbung verkaufen, die Verlage und Journalisten gehen dagegen leer aus. Springer-Chef Mathias Döpfner (56) will dies ändern. Er gehört zu den heftigsten Verfechtern des Leistungsschutzrechts – es würde die Suchmaschinenbetreiber zu Abgaben an die Verlage verpflichten.

BLICK: Herr Döpfner, Google und Facebook behaupten, sie würden den Verlagen helfen, Ihre Inhalte zu vermarkten. Lösen sie das Versprechen ein?
Mathias Döpfner: Nein. Im Gegenteil. Unternehmen wie Google und Facebook sind auf seriöse Inhalte angewiesen. Die bekommen sie von uns, von den Verlagen, denen die Menschen vertrauen. Ohne uns sind die US-Tech-Plattformen für ihre Nutzer deutlich uninteressanter. Es sind also die Inhalte der Verlage, mit denen umgekehrt die Tech-Plattformen Milliarden verdienen. Weil ein europäisches Verlegerrecht fehlt, passiert das ohne einen angemessenen finanziellen Ausgleich.

In Deutschland gibt es seit mehr als fünf Jahren ein Leistungsschutzrecht, das genau dies ändern sollte. Doch die deutschen Verlage erhielten statt Milliarden nur Brosamen. Was lief falsch?
Es ist kein Wunder, dass das deutsche Leistungsschutzrecht seine volle Wirkung bislang nicht entfalten konnte. Denn die Gegner bekämpfen es mit allen juristischen Mitteln. Das ist ihr gutes Recht. Und so war es in der Vergangenheit übrigens auch bei anderen Leistungsschutzrechten. Seine volle Wirkung wird das Leistungsschutzrecht erst dann entfalten können, wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind, alle Einzelheiten geklärt sind. Das dauert eben. Was das angeht, bin ich entspannt.

Geist und Geld

Mathias Döpfner (56) begann seine Karriere als Musikkritiker bei der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Nach Abstechern ins PR- und Verlagsgeschäft kehrte er als Chefredaktor verschiedener Zeitungen in den Journalismus zurück und übernahm 1998 die Leitung der «Welt» aus dem Haus Axel Springer. 2000 zog Döpfner in die Springer-Konzernleitung ein, zwei Jahre später wurde er Konzernchef. Unter seiner Führung baute Springer das Digitalgeschäft als zweites Standbein zur Publizistik auf. Der Vertraute von Grossaktionärin Friede Springer (76) ist mit 2,8 Prozent am Unternehmen beteiligt. Döpfner hat mit seiner Ehefrau Ulrike drei Söhne, mit der Kunstmäzenin Julia Stoschek hat er einen vierten Sohn.

Mathias Döpfner (56) begann seine Karriere als Musikkritiker bei der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Nach Abstechern ins PR- und Verlagsgeschäft kehrte er als Chefredaktor verschiedener Zeitungen in den Journalismus zurück und übernahm 1998 die Leitung der «Welt» aus dem Haus Axel Springer. 2000 zog Döpfner in die Springer-Konzernleitung ein, zwei Jahre später wurde er Konzernchef. Unter seiner Führung baute Springer das Digitalgeschäft als zweites Standbein zur Publizistik auf. Der Vertraute von Grossaktionärin Friede Springer (76) ist mit 2,8 Prozent am Unternehmen beteiligt. Döpfner hat mit seiner Ehefrau Ulrike drei Söhne, mit der Kunstmäzenin Julia Stoschek hat er einen vierten Sohn.

Die Verlage hatten Google die Verwendung kleiner Textausschnitte gratis zugestanden. War das ein Fehler?
Es gab keine Alternative dazu. Denn Google beherrscht den Markt der Internetsuche fast komplett. Wenn Google fordert, dass das kostenlos geschieht und die Inhalte sonst nicht angezeigt werden, dann bleibt den Verlagen keine Wahl. Die Marktdominanz Googles ist erdrückend.

Nun will der Europäische Gerichtshof das Leistungsschutzrecht kassieren. Welche Folgen hätte das für die Verleger?
Zunächst einmal ist eine Entscheidung darüber noch nicht gefallen. Es geht um die Frage, ob die deutsche Bundesregierung die EU-Kommission über das Gesetz hätte unterrichten müssen. Eine Formfrage, keine Frage, ob das Leistungsschutzrecht sinnvoll ist oder nicht. Wenn die Richter so entscheiden, akzeptieren wir das natürlich. Für die Zukunft des unabhängigen Journalismus wäre es ein herber Rückschlag. Wir hätten Jahre verloren.

Was versprechen Sie sich von einem europäischen Leistungsschutzrecht?
Das EU-Parlament hat im September 2018 mit grosser Mehrheit einen Text verabschiedet, der klar sagt: Wer Leistung von Verlagen kommerziell nutzt, muss dafür bezahlen, und auch die Journalisten sollen einen Anteil an diesen Erlösen bekommen. Das ist eine riesige Chance für den Journalismus in Europa.

Kampf gegen die Giganten

Ein Leistungsschutzrecht soll Zeitungsverlage davor schützen, dass Suchmaschinen und Internet-Plattformen wie Google und Facebook kostenlos ihre Inhalte verwenden und vermarkten können. Deutschland kennt seit 2013 ein entsprechendes Gesetz, der finanzielle Ertrag blieb aber bescheiden. Leistungsschutzrechte sind rechtlich wie ökonomisch umstritten. Die befürwortenden Verlage sehen darin eine faire Abgeltung für die Nutzung ihrer Leistungen durch Dritte. Die Gegner sind der Meinung, dass die Verwendung einzelner Sätze nicht geschützt sei und die Verlage ihre Inhalte schon heute für den Zugriff durch Suchmaschinen sperren lassen könnten.

Ein Leistungsschutzrecht soll Zeitungsverlage davor schützen, dass Suchmaschinen und Internet-Plattformen wie Google und Facebook kostenlos ihre Inhalte verwenden und vermarkten können. Deutschland kennt seit 2013 ein entsprechendes Gesetz, der finanzielle Ertrag blieb aber bescheiden. Leistungsschutzrechte sind rechtlich wie ökonomisch umstritten. Die befürwortenden Verlage sehen darin eine faire Abgeltung für die Nutzung ihrer Leistungen durch Dritte. Die Gegner sind der Meinung, dass die Verwendung einzelner Sätze nicht geschützt sei und die Verlage ihre Inhalte schon heute für den Zugriff durch Suchmaschinen sperren lassen könnten.

Auch ohne Abgeltung bringen Suchmaschinen den Verlagen zusätzlichen Traffic, den sie vermarkten können. Das allein ist doch schon positiv!
Untersuchungen der EU-Kommission haben ergeben, dass fast 50 Prozent aller Internetnutzer nur die Ausschnitte lesen, die etwa Google anzeigt. Sie klicken also gar nicht auf den Link und gelangen nicht zu den Seiten der Verlage. Die angebliche Win-win-Situation gibt es deshalb so gar nicht. 

In Spanien gab Google den Suchdienst für News nach der Einführung eines Leistungsschutzrechts auf. Droht dies nun auf europäischer Ebene?
Google droht ja damit. Darauf sollten wir jedoch nicht hereinfallen. In Wahrheit würde Google niemals den europäischen Markt preisgeben. Er ist zu wichtig. Und wenn es doch so kommt: Für den Journalismus in Europa wäre ein Rückzug Googles kein Weltuntergang. Die Verlage würden dann deutlich mehr direkten Traffic von den Nutzern generieren. Das ist übrigens auch die Erfahrung der Verlage in Spanien. Der dortige vorübergehende Einbruch bei den Nutzerzahlen ist schnell durch direkten Traffic auf den Webseiten der spanischen Verlage kompensiert worden. 

Was könnten sich Schweizer Verlage von einem Leistungsschutzrecht versprechen? 
Auch für die Schweiz gilt: Die mit Verlagsinhalten auf Tech-Plattformen erzielten Werbeerlöse gelangen fast ausschliesslich in die Taschen von Google und Facebook. Die vielen Schweizer Verlage, deren Journalisten diese Inhalte erstellen, gehen hingegen praktisch leer aus. Das kann so nicht weitergehen. Mit dem Leistungsschutzrecht kann das geändert werden. Von dessen Einführung hängt ab, ob es gelingt, professionellen Journalismus auch in der digitalen Welt dauerhaft zu etablieren. 

Deutsches Kartellamt weist Facebook in die Schranken

Das deutsche Kartellamt schränkt die Sammelwut von Facebook ein. Die Wettbewerbshüter untersagen dem US-Konzern, Daten seiner Plattformen Facebook, Instagram und WhatsApp miteinander zu verknüpfen. Indem Nutzer der Datenerhebung als Ganzes zustimmen müssten, um die Dienste zu gebrauchen, missbrauche Facebook seine marktbeherrschende Stellung, so das Kartellamt. Das Online-Netzwerk hat nun zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern, und muss innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge präsentieren. Facebook machte bereits deutlich, dass es sich vor Gericht wehren will. Für die Schweiz hat der Entscheid vorerst keine Konsequenzen. Die Wettbewerbskommission will erst intervenieren, wenn das deutsche Urteil rechtskräftig ist.

Das deutsche Kartellamt schränkt die Sammelwut von Facebook ein. Die Wettbewerbshüter untersagen dem US-Konzern, Daten seiner Plattformen Facebook, Instagram und WhatsApp miteinander zu verknüpfen. Indem Nutzer der Datenerhebung als Ganzes zustimmen müssten, um die Dienste zu gebrauchen, missbrauche Facebook seine marktbeherrschende Stellung, so das Kartellamt. Das Online-Netzwerk hat nun zwölf Monate Zeit, sein Verhalten zu ändern, und muss innerhalb von vier Monaten Lösungsvorschläge präsentieren. Facebook machte bereits deutlich, dass es sich vor Gericht wehren will. Für die Schweiz hat der Entscheid vorerst keine Konsequenzen. Die Wettbewerbskommission will erst intervenieren, wenn das deutsche Urteil rechtskräftig ist.

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