Bewerbungen schreiben kostet Zeit und Nerven, ist aber auch spannend: man kann sich und seine Talente gegenüber der Wunschfirma ins beste Licht rücken. Allerdings bekommt die Eigenreklame häufig kein Mensch mehr zu sehen, sondern nur noch ein Computerprogramm. Immer häufiger setzen Personalabteilungen auf Human-Resources-Roboter, auch «Bots» genannt.
«Selbstverständlich arbeiten wir bei der Rekrutierung mit einer IT-Lösung. Anders wäre die grosse Anzahl an Stellenbesetzungen in einer Branche mit hoher Fluktuation schwer zu bewerkstelligen», sagt etwa Manor-Sprecherin Elle Steinbrecher zu SonntagsBlick. Die Swiss benutzt ein vergleichbares System, die Berner Kantonsverwaltung ist dabei, eines einzurichten, und die Post könnte sich vorstellen, es anzuschaffen.
Kreativität bleibt auf der Strecke
Die Gefahr: Kreative Bewerbungen bleiben dabei auf der Strecke. Denn dem Computer ist Ideenreichtum egal. Peder Kerber (36), der in Chur als Bewerbungs-Coach arbeitet, stellt fest: «Die modernsten Suchfunktionen können nach bestimmten Mustern vorselektionieren. Das ist meiner Meinung nach eine sehr schlechte Entwicklung, denn so gehen jegliche Persönlichkeit und alles Zwischenmenschliche verloren.»
Yeng Chow (37), Leiter Rekrutierung beim Personaldienstleister Robert Half in Zürich, ergänzt: «In der Schweiz ist der Nutzen dieser Programme begrenzt. Wir haben Fachkräftemangel. Die Unternehmen können es sich nicht leisten, allenfalls interessante, nicht stromlinienförmige Bewerber auszusortieren.»
Sogar Benedikt Dellert, Sprecher der deutschen Software-Firma HR4YOU – sie bietet solche Programme an und stellt grosses Interesse in der Schweiz fest –, warnt: «Das rein automatische Matching birgt natürlich die Gefahr, das auch gute Bewerber ohne einen ‹Mainstream-Lebenslauf› aussortiert werden.»
Schaut ein Mensch nochmal aufs Dossier?
Alle von BLICK angefragten Firmen hingegen versichern: Keine Bewerbung wird einfach von einem Roboter definitiv aussortiert. Auf jedes Dossier schaut nochmal ein Mensch. Aber darauf verlassen kann man sich nicht. Rekrutierer Chow ist sich sicher: «Diese Programme haben Zukunft. Man muss sich dran gewöhnen.» Vor allem bei grösseren Firmen mit vielen Bewerbern.
Wer sich online bei einer grösseren Firma bewirbt, sollte laut Yeng Chow folgende Tipps beachten:
- Auf ausgefallene Logos, Symbole und Schriften verzichten! Computer haben Mühe, sie zu entziffern. Schlimmstenfalls werden solche Bewerbungen aussortiert.
- Alles genau aufschreiben! Jedem Menschen ist klar, dass ein KV-Angestellter mit dem Word-Programm umgehen kann. Einem Bot aber nicht.
- Schlüsselwörter aus der Stellenanzeige verwenden! Steht in der Anzeige: «teamorientiert», «flexibel», «motiviert»? Dann schreiben Sie das hin – sofern es auf Sie zutrifft.
- Falsche Rechtschreibung ausmerzen! Menschen verzeihen Tippfehler, ein Computerprogramm nicht. Es erkennt dann das Wort nicht mehr.
- Das Kommentarfeld am Ende der Bewerbung unbedingt nutzen. Denn das wird garantiert von einem Menschen angeschaut.