Schienenpfusch zwischen Schweiz und Deutschland
Güterverkehr steht vor dem Kollaps

Die Hauptschlagader Basel-Hamburg bei Rastatt (D) ist seit Wochen lahmgelegt. Jetzt gehen Logistik-Verbände mit einem offenen Brief auf die Barrikaden. Die Folgen des Unterbruchs sind weit schlimmer als gedacht. Der europäische Schienenverkehr steht «zwischen Stottern und Stillstand», so Experten.
Publiziert: 05.09.2017 um 09:58 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 18:47 Uhr
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Baustelle des Bahntunnels Rastatt (Baden-Württemberg) am 17.08.2017: Heute spricht man bereits vom «Rastatt-Desaster».
Foto: A3386/_Uli Deck
Ulrich Rotzinger

Der Baustellen-Unfall in Rastatt (D) hat weit schlimmere Folgen als gedacht: Auf der Hauptschlagader Basel-Hamburg können nur noch ein Viertel der Güter-Transporte bewältigt werden, erklären 24 europäische Umwelt- und Logistik-Verbände in einem offenen Brief. Das berichten Radiosender wie SWR und SRF.

Deshalb stehe die europäische Bahn-Logistik vor einem Kollaps. Betriebe nördlich und südlich der Alpen seien bereits von Lieferausfällen betroffen, heisst es weiter. Eine Sonderkommission müsse eingesetzt werden, lautet eine Forderung. Sie solle schnellstmöglich das «Rastatt-Desaster» aufarbeiten.

Hupac-Züge sitzen am Brenner fest

Es entstünden Milliardenschäden, Werksstillstände stünden bevor, sagt Hupac-Sprecherin Irmtraut Tonndorf in der Sendung «Heute Morgen» von Radio SRF. «Wir wissen von Werkstillständen in Italien, Deutschland und Grossbritannien. Von vielen Stellen hören wir, dass durch unsere verzögerte Lieferung die Produktion gedrosselt wird oder ganz stillsteht», so Tonndorf.

Hupac ist der grösste Schweizer Anbieter von Güterverkehr über die Alpen. Das Unternehmen weiss von Hupac-Zügen, die seit zehn Tagen am Brenner festsitzen. «Erklären Sie das mal einem Kunden. Das ganze System steht zwischen Stottern und Stillstand», so die Sprecherin.

Personenzüge sollen stillstehen zugunsten Güterverkehr

Die Logistiker gehen sogar soweit, dass sie Lokführer von Personenzügen abziehen und im Güterverkehr einsetzen wollen – auch wenn dafür Personenzüge stehenbleiben müssten.

Um während der Streckensperrung der Rheintalbahn in Deutschland im Güterverkehr die Kapazitäten auf der Nord-Süd-Achse zu erhöhen, will die SBB bereits Lokführer in Frankreich einsetzen. 

Strasse kommt für Güterverkehr nur bedingt in Frage

Mit den Massnahmen soll das Transportvolumen bis Mitte September von derzeit 20 auf 50 Prozent der erwarteten Nachfrage gesteigert werden, so die SBB am letzten Freitag. Statt 62 sollen ab diesem Zeitpunkt 116 Güterzüge pro Tag auf dem wichtigen Nord-Süd-Korridor verkehren.

Und was ist mit der Strasse? Sie komme als Alternative nur bedingt in Frage: Um die blockierten Transporte weiterführen zu können, bräuchte es über 10'000 zusätzliche Lastwagenfahrer und Fahrzeuge, so Hupac-Sprecherin Tonndorf zu Radio SRF. Aber die gebe es nicht. Darum sei die Transportkette zwischen Nord und Süd in so grossen Schwierigkeiten.

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