Roland Brack betreibt in Willisau LU das grösste Warenlager der Schweiz
Chef über 200 Roboter

Roland Brack hat den gleichnamigen Onlinehändler gegründet. Den weitaus grösseren Teil seines Geschäfts macht er aber mit seinen Konkurrenten. Denn sie sind Kunden in seinem Lager.
Publiziert: 09.09.2017 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:14 Uhr
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Roland Brack, der Gründer des Onlinehändlers Brack.ch, in seinem Reich.
Foto: Thomas Meier
Vinzenz Greiner

Im Luzerner Hinterland bei Willisau LU stehen Maisfelder, Holzhäuser und das grösste Warenlager des Schweizer Onlinehandels. Es gehört einem unscheinbaren Mann: Roland Brack (44). Und ihm läuft die Zeit davon, wie er völlig ruhig sagt. Schon das zweite Mal in seinem Leben.

Brack kennt man als Gründer des Onlineshops, der seinen Namen trägt und der die Challenge League sponsert. Die operative Führung von Brack.ch hat er abgegeben, leitet stattdessen die Competec-Gruppe, zu der der Onlineshop gehört. Im letzten Jahr setzte Brack.ch laut Experten knapp 250 Millionen Franken um. Damit ist es der grösste unabhängige Onlineshop der Schweiz.

Zu den Zahlen will Brack nichts sagen. Nur so viel: Das grössere Geschäft macht er nicht mit den Konsumenten, die in seinem Shop Gartenstühle, Bürosoftware oder E-Gitarren kaufen. Sondern mit Fachhändlern und seinen Konkurrenten, den grossen Schweizer Onlinehändlern.

Mit ihnen mache er heute mehr Umsatz als mit dem eigenen Onlineshop, sagt Brack. Für dieses Geschäft hat er sogar eine eigene Firma – Alltron heisst sie.

Fläche von acht Fussballfeldern

Brack steht im Competec-Logistikzentrum Willisau. Auf einem Förderband rattern kleine flache und grosse Päckli vorbei. Manche sind mit dem Absender Brack.ch angeschrieben, andere mit Digitec oder Siroop. Für die stemmt Alltron die Distribution, schickt sie in deren kleinere Lager oder direkt an deren Kunden.

Die Konkurrenten mieten aber nicht etwa eine Ecke im Lagerkomplex an, der so gross ist wie acht Fussballfelder zusammen. Sie greifen auf dasselbe Sortiment zu. Sieht also ein Kunde, dass etwa ein Kamera-Akku bei verschiedenen Onlinehändlern je einmal vorhanden ist, heisst es nicht, dass jeder von ihnen einen auf Lager hat. Es gibt nur insgesamt einen. Und der liegt in Willisau.

Technik ist Bracks Leidenschaft. Zum Termin rauscht er mit seinem weissen Tesla an. In den 90er-Jahren schon schraubt er in einem Fricktaler Estrich Computerkomponenten zusammen. Erst für Freunde und Verwandte. Nach zwei Jahren stellt er seinen ersten Mitarbeiter ein. Während seines Studiums programmiert er einen intelligenten Telefonbeantworter, der morgendliche Anrufer auf seine Mittagspause, Kunden nach dem Zmittag auf den Abend vertröstet. Er zieht in den Gewerbepark in Mägenwil AG, baut die Competec-Gruppe mit Alltron und Brack.ch als tragende Säulen auf. Dann bekommt er das erste Mal ein Problem mit der Zeit.

«Schon 2010 platzten unsere Lager aus allen Nähten», erinnert sich Brack. «Wir brauchten unbedingt neue Flächen.» Ein Neubau hätte zu lange gedauert. «Wir nahmen, was da war.» 2012 übernahm Brack die stillgelegte Lego-Fabrik im Luzerner Hinterland. An die Vergangenheit erinnert heute nur noch ein Lego-Clown im Foyer des hochmodernen Lagerkomplexes. Und die Legoteilchen in einer der vielen Kisten, um die sich kleine Roboter kümmern.

150 Angestellte und 200 Roboter

Roland Brack steht neben dem «Herz der ganzen Logistik», wie er sagt: dem Autostore-System. Hier werden kleine Produkte wie Kartoffelchips oder eben Lego-Spielzeug in Kisten gepackt und mehrere Meter übereinander gestapelt. Oben drüber sausen kleine Roboterwägeli über ein Schienennetz. Die Wägeli wissen genau, in welcher Kiste was lagert. Kommt eine Bestellung, «gräbt der Roboter die richtige Kiste aus», wie es Brack nennt, der 150 Angestellte hat. 200 Roboter kümmern sich um 210'000 Kisten. 

Indem nur kleine Teile hier lagern, spart Brack das wichtigste Gut in Willisau: Platz. Sein Motto, das von der Warenannahme bis zur Auslieferung alles bestimmt, lautet «Luft uselah». Auch im Grossteillager, wo 20 Meter hohe Kranroboter mit leeren Führerständen Paletten aus den Wänden von Regalschluchten ziehen, wird nicht nach Art, sondern nach Grösse und damit platzsparend gelagert. Die Verpackungsmaschine misst erst, wie hoch der Füllstand eines Päcklis sein wird. Dann wird maximal heruntergefaltet. Das spart Füllmaterial im Karton und Platz im Lastwagen. Beladen sei wie Tetris spielen, sagt Brack in Anlehnung an das Computerspiel. 

Deswegen findet es der Aargauer auch gar nicht schlimm, dass sein Logistikzentrum nicht an einem Autobahndreick liegt. Durch das platzsparende Tetris-Stapeln müssen weniger Lastwagen fahren. Mehr noch: «Die Abgeschiedenheit ist ein Standortvorteil», findet Brack. Hier findet er noch gute Leute, um die man sich an den Autobahnzubringern reisst.

Und: Hier gibt es noch günstige Fläche, um auszbauen. Die braucht er, denn jetzt schon stapeln sich Waren in der Garage. 2018 soll der dritte Autostore eigentlich hinzukommen. Drei Millionen Päckli sollen künftig pro Jahr das Lager verlassen – doppelt so viele wie letztes Jahr.

«Noch ist ein wenig Luft da»

Deshalb will Brack anbauen. Ein Jahr schon hat sich das Bauvorhaben verzögert, an das ein paar Stangen auf der Wiese nebenan erinnern. Es soll doppelt so hoch sein wie der aktuelle Bau. Deswegen hätte es als Hochhaus ausgewiesen werden müssen. Doch das ging vergessen. Jetzt wird die Prüfung nachgeholt. «Wir hoffen, dass wir Anfang 2018 mit dem Bau beginnen können.»

Das alles würde jedem Geschäftsführer den Blutdruck nach oben treiben. Roland Brack bleibt ruhig. Vielleicht, weil er gerade erst mit einem Land Rover abseits schottischer Strassen Diesel und Dampf abgelassen hat. Vielleicht aber auch, weil es doch noch die eine oder andere Lücke im Regal gibt. «Noch ist ein wenig Luft da, das beruhigt mich», sagt er.

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