Es war ein wirkungsvoller Protest: Mitte August überklebt Hans Fässler (64) das Namensschild auf dem Raiffeisenplatz in St. Gallen.
«Friedrich Wilhelm Raiffeisen würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was man aus seiner Bank gemacht hat», lautet Fässlers Widmung, die dieser direkt vor dem Hauptsitz der drittgrössten Schweizer Bank anbringt.
Einige Stunden später wird das Schild durch Raiffeisen entfernt. Gleichzeitig signalisiert ein Mediensprecher, dass man mit dem Historiker und ehemaligen SP-Kantonsrat das Gespräch suchen wolle.
Treffen kam «überraschend»
Noch-CEO Patrik Gisel (56) erklärt den Fall zur Chefsache und spricht gestern eine Dreiviertelstunde mit dem pensionierten Englischlehrer.
«Damit hätte ich niemals gerechnet, das kam wirklich überraschend», sagt Fässler. Dennoch seien Welten aufeinandergetroffen. Er sei Sozialist, Gisel Kapitalist.
Der einstige SP-Politiker erhält vom Banken-Boss ein Bekenntnis zur genossenschaftlichen Struktur der Raiffeisen. Mit seiner Forderung nach einem Lohnverhältnis von maximal 1:12 blitzt er hingegen ab. Stattdessen hört er, dass die Bank branchenübliche Löhne bezahle und diese in den letzten Jahren gesunken seien.
Protest-Schild wird zum Mahnmal
Der Rentner spricht dennoch von einer «sympathischen Begegnung». Patrik Gisel sei anzumerken gewesen, wie sehr ihm die letzten Monate zugesetzt hätten. «Er klagte: ‹Ich trage den leidigen Stempel auf der Stirn, 13 Jahre mit Vincenz gearbeitet zu haben.›»
Die schöne Überraschung für den Protest-Kunden: Sein Schild soll im Raiffeisen-Hauptsitz einen Platz als Mahnmal bekommen. «Wir können Ihnen bestätigen, dass Patrik Gisel Herrn Fässler zugesagt hat, das Schild aufzuhängen», sagt Mediensprecher Dominik Chiavi dem BLICK.
Hans Fässler hätte schon eine Idee für den Standort: «Am besten in der Teppichetage!»