Die Finanzmärkte sind nervös, der Euro schwächelt. Gegenüber dem Schweizer Franken hat die europäische Einheitswährung die ganze letzte Woche an Wert verloren. Die Zeiten, als der Frankenschock an den Devisenmärkten überstanden schien, sind fürs Erste vorbei (siehe Grafik). Statt 1.20 ist der Euro nur noch gut 1.15 Franken wert.
Auslöser für die Turbulenzen ist Italien. Dort könnte eine Regierung an die Macht kommen, die abenteuerliche Budgetpläne wälzt: Steuern runter, Sozialausgaben rauf. Unterm Strich würde das bedeuten: ein weiterer Anstieg der sowieso schon hohen Staatsverschuldung Italiens.
«Die spinnen die Römer», wusste schon Gallier Obelix. Doch auch Schweizer Ökonomen sind im Moment etwas besorgt: «Die Entwicklung in Italien schwächt den Euro. Die Italiener sind nach den Briten die grössten Europa-Skeptiker», sagt etwa Klaus Wellershoff (54).
Schweizer Franken – eine sichere Anlage
Martin Neff (57), Chefökonom von Raiffeisen, zweifelt derzeit nicht nur an der Vernunft der Römer, sondern auch an der Rationalität der Anleger: «Die Reaktion auf die italienische Politik an den Märkten halte ich für übertrieben. Aber grundsätzlich gibt es in Italien einiges Potenzial für Ärger im Euroraum.»
Neff spricht damit ein weiteres Problem an: Die Finanzmärkte hatten das Thema Euro gar nicht mehr auf dem Radar und wurden von den politischen Ereignissen in Italien auf dem falschen Fuss erwischt. Deshalb genügten Meldungen, von denen die Märkte sonst kaum Notiz nehmen, um den Euro weiter zu schwächen. Dazu gehören Berichte über etwas weniger dynamisches Wirtschaftswachstum in Europa, über mögliche Neuwahlen in Spanien oder auch die Absage des USA-Nordkorea-Gipfels durch US-Präsident Trump (71).
Die Investoren sind wieder vorsichtiger geworden, erklärt Neff: «Der Risikoappetit an den Börsen nimmt ab. Die Anleger suchen wieder vermehrt sichere Anlagen. Die gibt es eben auch im Schweizer Franken.»
Schweizer Wirtschaft stark genug
Die grosse Frage: Ist die Schwäche des Euro vorübergehend, oder muss sich die Schweiz wieder an einen härteren Franken gewöhnen. Raiffeisen-Chefökonom Neff ist eher pessimistisch, sieht den Euro auch längerfristig unter 1.20 Franken, ähnlich wie Wellershoff: «Die Euroschwäche gegenüber dem Franken könnte durchaus einen Moment anhalten. Aber eine Prognose ist derzeit schwierig!»
Reto Huenerwadel (51), Anlagechef der Hypothekarbank Lenzburg dagegen macht sich keine allzu grossen Sorgen. Er schätzt die Euroschwäche als vorübergehend ein – und vor allem wird sie den Aufschwung in der Schweiz nicht bremsen: «Die Schweizer Wirtschaft ist stark genug, um auch diese Euroschwäche zu verdauen.»
Italien sorgt zwar für Ärger im Euroraum, ist aber auch ein sehr beliebtes Urlaubsziel der Schweizer. Der stärkere Franken hebt die Ferienstimmung: Denn die Pizza in Italien kostet weniger, die Ferien rund ums Mittelmeer werden etwas billiger.