Wo der Ferienflieger hinfliegt, lacht die Sonne. Das gilt nicht nur für viele der inzwischen 68 Edelweiss-Destinationen rund um die Welt. Für die Airline, die wie die Swiss zur deutschen Lufthansa-Gruppe gehört, lief es in den letzten Jahren prächtig. Edelweiss wuchs rasant, gewann als Premium-Flieger an Flughöhe. Sie flog im letzten Jahr ein Viertel mehr Umsatz ein. Das ist beachtlich. Auch Edelweiss-CEO Bernd Bauer (51) strahlt.
Mehr Ziele, mehr Flugzeuge, mehr Passagiere, mehr Mitarbeiter! Doch nun bekommt das Bild vom strahlenden Vorzeige-Flieger Risse. BLICK liegt ein offener Brief vor, unterzeichnet von Piloten, Kabinenbesatzung und Crewplaner. Er ist adressiert an ihren Chef Bernd Bauer. Der Brief kursiert in einer geschlossenen Facebook-Gruppe. Die darin erhobenen Vorwürfe sind happig. Es heisst etwa: Bei Edelweiss seien im schlechtesten Fall Menschenleben in Gefahr.
Ärger mit neuen Airbussen
Wie kommen die Mitarbeiter zu diesem besorgniserregenden Schluss? Viele der Beschwerden richten sich gegen die neuen A320- und A340-Airbusse. Diese hat sich Edelweiss beschafft, um das Wachstum voranzutreiben. Bei den neuen A320 aber sei «ganz offensichtlich an vitalen, safetyrelevanten Systemen gespart worden».
Der elfseitige (!) Brief listet auf, was der Belegschaft fehlt. Darunter sind das sogenannte Bodenkollisionswarnsystem RAAS und automatische Vereisungs-Warnsystem. Zudem könnten wegen ungenügend ausgebildeten Crew-Mitgliedern Fluggäste zu Schaden kommen.
Auch auf der Langstrecke lauern Gefahren, warnt das Personal. So müssten Piloten auf A340-Fliegern im hinteren Frachtraum Pause machen. Warum ist das problematisch? Von dort sind es 40 Meter bis ins Cockpit. Im Notfall muss ein Pilot sprinten.
Auch der Flugkomfort zeigt Mängel
Neben der Sicherheit mangele es an Komfort. Die neuen Maschinen entsprechen nicht dem guten Standard des Ferienfliegers, für den die Kunden zahlen, so die Anklage. In zwei Flugzeugen gebe es keine Monitore mit Infos oder Unterhaltung. Auch bei der Sitzbreite, der Trennung der Buchungsklassen und beim Essen würden Edelweiss Versprechen nicht halten. Die Folge: «Wir schämen uns im Moment für unser Kurzstrecken-Kabinen-Produkt.»
Edelweiss hat Kenntnis vom Inhalt des Schreibens, wie Sprecher Andreas Meier gegenüber BLICK bestätigt. Bei den Vorwürfen zur Sicherheit und Technik widerspricht er vehement: «Der Flugbetrieb von Edelweiss erfüllt jederzeit sämtliche gesetzliche Anforderungen in Bezug auf Technik, Sicherheit und Ausbildung.» Zu den anderen Vorwürfen will Meier nichts sagen.
Kragen geplatzt, aber wie weiter?
Der lange Brief an CEO Bauer zeigt: Piloten und Kabinenpersonal ist der Kragen geplatzt. Sie wollen wieder motiviert zur Arbeit gehen und fordern dazu dringend Verbesserungen. Dazu gehört mehr Personal.
Noch 2016 sagte Bauer der «Bilanz»: «Wir haben absolut keine Probleme, unsere Stellen zu besetzen.» Inzwischen ist dies offenbar anders. Reihenweise würden Piloten kündigen, andere seien auf der Suche nach einem neuen Job.
Der ruhige Steigflug von Edelweiss ist nun zu Ende. Ein Vorgeschmack auf die Turbulenzen bot vor wenigen Tagen der Pilotenverband Aeropers. Dieser kündigte den Gesamtarbeitsvertrag mit Edelweiss auf Mai 2019.
Immerhin: Im Gespräch mit BLICK kündigt Edelweiss zahlreiche interne Info-Anlässe an. Dort will sich die Geschäftsleitung mit den Mitarbeitenden intensiv austauschen.