Neuer Vorzeigeladen, erster Online-Store, USA als Wachstumstreiber!
Schweizer Hersteller Stöckli will Touristen in Cars zur Skifabrik karren

Stöckli-Ski gibts nirgends auf der Welt im Internet zu kaufen. Das ändert sich demnächst. Der Schweizer Skihersteller geht online und erhofft sich so ein steiles Wachstum.
Publiziert: 18.01.2020 um 11:23 Uhr
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Stöckli-Chef Marc Gläser (51. r.) in der Produktion: Im Betrieb herrscht eine Du-Kultur.
Foto: Philippe Rossier
Marc Iseli

Der Skihersteller Stöckli steht vor einem entscheidenden Jahr. Im Mai starten die Innerschweizer einen Online-Shop. Ausserdem hat das Unternehmen knapp 1000 Quadratmeter Gewerbefläche angemietet, um die Produktion weiter auszubauen.

Und direkt bei der Skifabrik entsteht ein neuer Laden aus Stein und Mörtel. Zwei Busse mit Touristen aus dem nahe gelegenen Luzern sollen das Geschäft täglich ansteuern. Diese Pläne verkündete Stöckli-Chef Marc Gläser (51), als er BLICK zum Besuch am Hauptsitz in Malters LU empfängt.

Der einstige Uhrenmanager hat den Anzug gegen eine blaue Windjacke mit weissem Reissverschluss und rotem Zipper auf Brusthöhe getauscht. Seit fünf Jahren ist er Chef des letzten grossen Skiherstellers in der Schweiz. Seit drei Jahren ist der «Sohn eines Schreinermeisters», wie Gläser sich selbst bezeichnet, überdies mit zehn Prozent am Unternehmen beteiligt.

Gläser sucht das unternehmerische Risiko. Der Ausbau kostet Millionen. Alleine die neuen Schleifmaschinen schlagen mit einem mittleren siebenstelligen Betrag zu Buche. Ziel ist es, dass Stöckli dereinst 75’000 Paar Ski pro Jahr herstellen kann. Heute sind es knapp 60’000. Und als Gläser seine Stelle antrat, waren es nur 50’000.

Wachstum in den USA und China

Die zusätzliche Produktion geht zu einem Grossteil ins Ausland. Die Schweiz ist ein rückläufiger Markt. Der Rivale von Atomic, Head oder Rossignol kommt auf einen Marktanteil von knapp 15 Prozent. Im Ausland aber gibt es noch viel Potenzial. In den USA hat sich die Zahl der verkauften Ski in den letzten drei Jahren verdoppelt – von 3000 auf 6000. Und die Entwicklung soll anhalten. «Wir erwarten eine weitere Verdoppelung in den nächsten drei Jahren», sagt Gläser.

Wachstumspotenzial gibt es ferner in den Nachbarländern, insbesondere in Deutschland und in Österreich. Hier besetzt Stöckli eine Nische, der Marktanteil liegt im tiefen einstelligen Prozentbereich. China ist ein weiterer Hoffnungsträger. Gläser träumt von bis zu 10’000 Ski, die er dereinst in Fernost verkaufen will. Für die mittelfristige Planung bleibt er aber realistisch. Gläser, der auch schon mit 125 Stundenkilometern den Skihang runterbretterte, rechnet mit einer Nachfrage von bis zu 3000 bis 5000 Ski.

Eigene Läden ausserhalb der Schweiz sind kein Thema. Testcenter möglicherweise, aber kein Store mit Stöckli-Ski und Stöckli-Bekleidung. Um trotzdem direkt an ausländische Kunden zu verkaufen, startet das Unternehmen den ersten Gehversuch mit einem virtuellen Laden. «Im Mai werden wir unsere Produkte online vertreiben», sagt Gläser. «Zunächst nur in der Schweiz und Deutschland, anschliessend auch in Resteuropa und in Nordamerika.»

Stöckli geht online

Es ist ein Novum. Bislang gab es die Luzerner Ski nicht im Internet – nirgends auf der Welt! Stöckli setzte stattdessen auf die persönliche Beratung in den eigenen Filialen und in solchen von Partnerfirmen. Die Skimarke spürt aber – wie alle anderen stationären Händler – den Trend hin zum Online-Shopping. Der Umsatz in den Schweizer Läden sank in den letzten Jahren um knapp 10 Millionen Franken.

Elf eigene Filialen besitzt Stöckli. Dazu kommen fünf eigene Test- und Mietcenter in den Bergen. Ausserdem verkaufen knapp 60 Fachgeschäfte Stöckli-Ski in der Schweiz. Dieses Filialnetz wird – trotz sinkenden Umsatzzahlen – im nächsten Jahr nochmals ausgebaut. Das Produktionsgebäude neben dem Hauptsitz wird um einen Stock erweitert. Auf der unteren Etage soll eine Stöckli-Welt entstehen, oben werden weiterhin Ski geleimt, gepresst und getrocknet.

Der neue Shop ist eine Referenz an die alten Tage, als das Unternehmen ausschliesslich über die Fabrikrampe verkaufte. Gleichzeitig steckt kommerzielles Kalkül dahinter. Gläser will die touristische Strahlkraft von Luzern dafür nutzen, seiner Marke ein stärkeres internationales Profil zu geben. Stöckli, so seine Vision, soll die «beste Skisport-Marke der Welt» werden.

«Bodenständiger» Marco Odermatt

Um das zu erreichen, investiert er Millionen in den professionellen Ski-Sport. Marco Odermatt (22) ist das grosse Aushängeschild der Innerschweizer. «Bodenständig, authentisch, sympathisch» sei Marco, sagt Gläser. Er duzt seine Profis. Und die Angestellten.

Die wichtigsten Markenträger aber sind die Kunden. Und genau deshalb fordert Gläser den neuen Store am Hauptsitz. Künftig sollen täglich Busse zwischen Malters und Luzern verkehren. Gläser will, dass die zahlungskräftigen Gäste aus Asien nicht nur die Kapellbrücke und die Uhrenläden sehen, sondern auch in die Welt des Wintersports eintauchen. Sie sollen den Store besichtigen – und die Fabrik, die mittlerweile «Manufaktur» heisst.

Das Detail ist wichtig. Gläser, der einstige Luxusunternehmer, legt Wert darauf, dass viel Handarbeit in einem Stöckli-Ski steckt. Noch immer werden die einzelnen Bestandteile manuell aufgezogen und in die Presse gelegt, wie er auf einem Rundgang durch die Produktion zeigt. 140 Grad und 24 Tonnen Anpressdruck sind nötig, um den Holzkern aus Buche und Eiche mit den verschiedenen Schichten Aluminium, Glasfaser, Gummi, Flies und Trockenleim zu verschmelzen. Gläser packt selbst mit an. Ein seltenes, aber vertrautes Bild. Mit Holz kann er umgehen. Der Sohn eines Schreinermeisters.

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