Die Abgas-Affen von VW sind seit letzter Woche weltbekannt. Um zu beweisen, dass die Dieselmotoren des deutschen Autogiganten die menschliche Gesundheit nicht beeinträchtigen, mussten Langschwanzmakaken Abgase einatmen. Die Tests fanden in der US-Stadt Albuquerque statt. Sie sorgten allerdings für das Gegenteil von dem, was sich Volkswagen erhoffte: Der Autobauer ist nach der Dieselaffäre erneut mit einem Riesenskandal konfrontiert.
Weniger bekannt ist, dass – mit Ausnahme von Menschenaffen wie Gorillas oder Orang-Utans – auch in der Schweiz Experimente an lebenden Primaten durchgeführt werden dürfen. In zwei Kantonen ist dies der Fall: Freiburg und Zürich.
Chirurgische Heilmethode für Kokainsucht
Aktuell ist an der Uni Freiburg ein bemerkenswertes Experiment in Vorbereitung, wie Recherchen von SonntagsBlick zeigen. Nächste Woche gilt es ernst: Den Äffchen werden Mikrodosen Kokain verabreicht, wie Eric Rouiller (66), Chef des Instituts für Neurophysiologie, gegenüber SonntagsBlick erklärt. Mit der sogenannten tiefen Hirnstimulation – einem neurochirurgischen Eingriff – sollen bei den Koks-Affen anschliessend bestimmte Hirnregionen gezielt verändert werden. Die Forscher hoffen, die Äffchen damit von der zuvor herbeigeführten Sucht wieder befreien zu können. Zwar würden die Affen nicht süchtig im eigentlich Sinn. Sie bevorzugen das Koks aber gegenüber Wasser.
Die Methode ist bei Parkinson- oder Tourette-Patienten bereits zugelassen. Ob sie auch Süchtigen hilft, wollen die Freiburger Forscher jetzt mit ihren Experimenten herausfinden. Bei Mäusen verliefen ähnliche Versuche vielversprechend. Enden die Experimente der Neurowissenschaftler erfolgreich, wären diese einer chirurgischen Heilmethode für Kokainsucht nähergekommen.
Die Uni Freiburg ist sehr erfahren im Umgang mit Affen. Seit 1975 wird dort an Makaken geforscht. 2017 gab es, verteilt auf sechs Projekte, Versuche an 23 Affen, wie Professor Rouiller präzisiert. «Beim Suchtprojekt sind es fünf.» Rouiller arbeitet seit 20 Jahren mit Affen, er gerät deswegen immer wieder ins Visier von Tierschützern. Die Freiburger Primaten leben in einem zooähnlichen Gehege. Um sie für die Experimente zu motivieren, werden sie mit Futter «bezahlt».
Nur Menschen und Affen eignen sich
Auch im Kanton Zürich sollen erstmals seit Jahren wieder Versuche an Affen vorgenommen werden. 2014 stellten Universität und ETH gemeinsam den Antrag, Experimente an zwei bis drei Makaken durchführen zu dürfen. Erforscht werden soll der prä-frontale Cortex, wie die Uni Zürich dem SonntagsBlick mitteilt. Über diese stirnseitige Hirnregion verfügen lediglich Menschen und Affen, weshalb andere Arten für die Versuche nicht in Frage kommen. Ziel sei es, neue Ansätze für die Behandlung psychischer Krankheiten zu finden. Letztes Jahr gab das Zürcher Verwaltungsgericht grünes Licht. Die Versuche haben noch nicht begonnen.
Vergleichbar mit den Abgas-Versuchen von VW sind die Experimente in Freiburg und Zürich aber nicht. «In der Schweiz würde das Gesuch für eine solche Studie mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht bewilligt», sagt Eva van Beek, Sprecherin des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).
Wer hierzulande einen Tierversuch durchführen will, muss bei den Behörden ein detailliertes Gesuch einreichen. Eine Bewilligung gibt es nur, wenn der Tierversuch die einzig mögliche wissenschaftliche Methode ist und wenn er dem Ziel dient, die Gesundheit von Mensch und Tier zu verbessern. Beides war im Fall VW nicht gegeben.