In aller Ruhe bei der Migros einkaufen, das geht. Unbeobachtet, das eher nicht. Dies hat ein Kunde in einer Zentralschweizer Filiale vor Kurzem erfahren, als er beim Self-Scanning mit Subito nicht alle Produkte erfasste. Über den Fall berichtete das Nachrichtenportal «Zentralplus».
Als der Kunde seinen Scanner zurücklegen wollte, musste er zur Stichprobe. Dort wurde sein gesamter Einkauf kontrolliert. Anschliessend wurde dem Mann beim Kundendienst erklärt, er habe zwei Wochen vorher Fleisch im Wert von rund 50 Franken nicht bezahlt. Laut dem Kunden handelt es sich dabei um ein Versehen. Er entschied sich darauf, die Schuld zu begleichen.
Wie wusste die Migros vom unbezahlten Fleisch? Ein Verkäufer erklärte dem Kunden, dass sie den Fleischverkauf mit Kameras überwachen. Zudem vergleicht die Migros, was bei den Früchten, beim Fleisch oder Fisch gewogen wird und was tatsächlich bezahlt wird. Das geht mithilfe der aufgeklebten Strichcode.
Systematische Überwachung?
Unbezahlte Ware fällt so schnell auf, besonders wenn es auch noch Kameraaufnahmen gibt. Identifiziert wurde der Käufer anhand seiner Cumulus-Karte. Nur wer eine solche hat, kann den Self-Scanning-Dienst der Migros nutzen. Diesen gibt es in rund einem Drittel aller Filialen.
Der Kunde zeigt sich gegenüber «Zentralplus» erstaunt über den grossen Aufwand der Migros für einen kleinen Fisch wie ihn. Doch offenbar ist er kein Einzelfall. Beim Migros-Angestellten beobachtete er eine ganze Liste mit unbezahlten Produkten. Der Verdacht liegt nahe, dass der Detailhändler seine Kunden systematisch überwacht.
Die Migros mauert
Gegenüber BLICK will die Migros nicht sagen, ob die Kameras schweizweit eingesetzt werden: «Über unser Sicherheitsdispositiv können wir Ihnen leider keine Auskunft geben», sagt Mediensprecher Luzi Weber. Nur so viel: Auch wenn es bei den Self-Checkout-Kassen zu Unregelmässigkeiten kommt, wird Videomaterial zur Hilfe genommen. Das dürfte zumindest nicht bei Subito allzu häufig der Fall sein. Denn dort komme es zu sehr wenig Missbrauch, hält Weber fest.
Und wer wertet die Aufnahmen aus? «Die Auswertungen werden in der Zentrale der jeweiligen Genossenschaft und ausschliesslich durch die Verantwortlichen des Sicherheitsdienstes gemacht», erklärt Weber das Vorgehen. Das seien nur wenige Leute.
Massnahmen bleiben geheim
Ähnlich zugeknöpft gibt sich der grosse Rivale. «Aus Sicherheitsgründen geben wir keine detaillierten Auskünfte zu unseren Sicherheitsmassnahmen», sagt Coop-Sprecherin Alena Kress. Auch zu Ladendiebstählen will sich der Detailhändler nicht weiter äussern. Kress hält aber fest, dass man sich bei allen Sicherheitsmassnahmen an die gesetzlichen Vorgaben halte.
Im Fall des Zentralschweizer Kunden wurden die Videoaufnahmen zwei Wochen später noch genutzt. Für Cécile Thomi, Leiterin Recht beim Konsumentenschutz, ist dies auf jeden Fall viel zu lang, wie sie gegenüber «Zentralplus» sagt. Die Aufnahmen würden nur dann so lange aufbewahrt, wenn Unregelmässigkeiten festgestellt würden, verteidigt sich die Migros. Sie würden als Beweismaterial gebraucht.
«Wir stehen vor einem Zeitalter der Überwachung», warnt Alex von Hettlingen, Sprecher des Konsumentenschutzes. Er empfehle möglichst datensparsam unterwegs zu sein. Selbst verzichte er auch Selfscanning und die Sammelkarten von Migros und Coop.