Kluge Köpfe, die Biss und Ausdauer haben und sich für den Spitzenjob bei einer Schweizer Grossbank eignen, sind in der Schweiz Mangelware. Zu dieser raren Spezies zählt seit einigen Jahren auch Iqbal Khan (43). Nach der CS hofft nun die UBS auf sein goldenes Händchen.
Khan übernimmt ab 1. Oktober die Co-Leitung der Vermögensverwaltung der UBS, teilt sich den Job mit Tom Naratil (58). Ein Wechsel, der sich so nicht angekündigt hatte, als der Schweizer pakistanischer Abstammung Anfang Juli überraschend der Credit Suisse den Rücken kehrte.
Coup der UBS
Brancheninsider vermuten, dass der Wechsel von langer Hand geplant war. Dafür spricht, dass Khan innert weniger Wochen vom gefallenen Kronprinzen bei der CS zum neuen Kronprinzen und Hoffnungsträger bei der UBS wurde.
Zudem: In solch einem Topjob wartet man ein paar Monate bis man zur Konkurrenz wechselt. Solch sogenannte Abkühlperioden sind in der Wirtschaft üblich, in der Politik werden sie bei Bundesräten zumindest erwartet.
Unabhängig davon wie hart das Ringen der beiden Grossbanken um Khan war, der UBS ist damit ein veritabler Coup gelungen, der viele Personalprobleme der Grossbank vom Tisch wischt.
Khan kann Konzernchef
Denn so einfach könnte (dürfte) die Nachfolge an der Konzernspitze aussehen: Verwaltungsratspräsident Axel Weber (62) bleibt bis 2022 im Amt und geht danach in Rente. Seinen Job übernimmt dann der aktuelle Konzernchef Sergio Ermotti (59), auf den CEO-Posten rückt Iqbal Khan nach.
Dazu qualifiziert wäre Khan ohne Frage. Er gilt als blitzgescheiter Querdenker mit genügend Ehrgeiz, um es an die Spitze der UBS zu schaffen. Das kaufmännische Talent hat Khan von seinem Vater geerbt, der in Pakistan ein erfolgreicher Geschäftsmann war. Der Vater entschloss sich Ende der 1980er-Jahre, aus Sicherheitsgründen in die Heimat seiner Frau auszuwandern. Nach einer Kindheit in der Millionen-Metropole Karatschi (Pakistan) fand sich der zwölfjährige Iqbal Khan plötzlich in Dübendorf ZH wieder.
Steiler Aufstieg
In einem ausführlichen Porträt zeichnete die «Bilanz» vor einem Jahr den steilen Aufstieg des entwurzelten Jungen nach. Nach der KV-Lehre bei einer Treuhandfirma in Dübendorf absolviert Khan eine Ausbildung nach der anderen, ist mit 26 Jahren der jüngste diplomierte Wirtschaftsprüfer der Schweiz, im Alter von 31 Jahren der jüngste Partner beim Beratungsunternehmen Ernst & Young (heute EY). Dazwischen absolviert er noch ein Studium in internationalem Wirtschaftsrecht.
Bei EY leitet Khan den Bereich Financial Services, erhält durch seine Arbeit als Berater Einblick in die Credit Suisse und die Finanzwelt. Und wechselt 2013 zur Grossbank. Dort krempelt er erfolgreich die internationale Vermögensverwaltung um, liefert beeindruckende Ergebnisse.
Khans Leistungsausweis in der Vermögensverwaltung macht ihn zum aussichtsreichen Kronprinzen in der UBS. Denn gerade dieser Bereich harzt bei der grössten Vermögensverwaltungsbank der Welt, ist ein Grund dafür, dass der Aktienkurs nicht vom Fleck kommt.
Doch Khan hat ein Problem: Er ist nicht alleine, muss sich den Chefsessel in der Vermögensverwaltung bei der UBS mit dem Amerikaner Naratil teilen, kann also vorerst nicht so schalten und walten, wie er das so erfolgreich bei der CS gemacht hat.
Machtkampf vorprogrammiert
Und auch vom neuen Chef gibt es keine uneingeschränkte Unterstützung: «Wir haben mindestens drei gute interne Kandidaten», erweitert Sergio Ermotti gestern Donnerstag in der «NZZ» das Feld seiner möglichen Nachfolger. Dazu gehört neben Khan und Naratil auch Sabine Keller-Busse (52), die operative Leiterin der Bank.
Was am Morgen noch wie ein genialer Schachzug der UBS aussah, nämlich die klare Regelung der Personalfragen an der Spitze, entpuppt sich schon am Abend als eine Einladung zu einem erweiterten Machtgerangel an der Spitze. Entsprechend zurückhaltend reagiert die Börse auf den Wechsel am Paradeplatz. In einem insgesamt positiven günstigen Börsenumfeld legen beide Grossbankenaktien deutlich zu – die CS etwas mehr als die UBS. Der grosse Befreiungsschlag sieht anders aus.