Bundesrätin Doris Leuthard verabschiedet sich mit einer letzten Medienkonferenz.
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Migros und Coop gemeinsam gegen Amazon
Pilloud will mit Leuthard zusammenspannen

Alt Bundesrätin Doris Leuthard wird Verwaltungsrätin bei Coop. Die ehemalige SBB-Managerin Jeannine Pilloud vielleicht bald Präsidentin der Migros. Pilloud hat bereits Pläne für eine Allianz gegen Amazon. Doch da gibt es noch eine zweite Kandidatin mit guten Chancen.
Publiziert: 03.03.2019 um 11:47 Uhr
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Am 28. März wird Doris Leuthard in den Coop-Verwaltungsrat gewählt.
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Moritz Kaufmann
Moritz KaufmannWirtschaftsredaktor

Die beiden kennen sich. Acht Jahre lang war Doris Leuthard (55) Verkehrsministerin. Sieben Jahre war Jean­nine Pilloud (54) Leiterin Personenverkehr bei den SBB. Am 28. März wird nun Leuthard in den Coop-Verwaltungsrat gewählt. Fünf Tage zuvor könnte Pilloud Präsidentin der ­Migros werden – und will ihren Draht zur alt Bundesrätin dann gleich aktivieren!

«Ich weiss, dass Frau Leuthard anpacken kann. Vielleicht geht es nicht immer nur darum, gegeneinander zu arbeiten. Manchmal muss man auch zusammenspannen», sagt Pilloud zu SonntagsBlick, «gerade wenn man in der Schweiz mehrere Local Champions hat und Angriffen aus dem Ausland ausgesetzt ist.»

Angriffe aus dem Ausland? «Wenn man ein Local Champion bleiben will, muss man gegen allfällige Angriffe gewappnet sein – etwa von Amazon», erklärt Jean­nine Pilloud. Der Onlinekoloss von Multimilliardär Jeff Bezos (55) pflügt Land für Land um. Mit der Schweiz tun sich die Amerikaner aber bisher schwer. Doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis Amazon auch den hiesigen Markt ins Visier nimmt.

Auch die Migros wollte Leuthard

«Die Migros sucht eine Person, die schon mal eine komplexe Organisation geführt hat, sich mit Digitalisierung auskennt und vor ­allem Auslandserfahrung hat. So sind sie auf mich gekommen. Das ehrt mich, aber ich muss erst gewählt werden», sagt Pilloud.

Kein anderes Unternehmen prägt die Schweiz so stark wie Migros und Coop. Sie sind die grössten privaten Arbeitgeber im Land. Leuthards Berufung bei Coop gibt der Migros-Wahl jetzt eine völlig neue Dynamik. Tatsächlich hatte auch der Dutti-Konzern Interesse an Leuthard. «Allerdings frühestens nächstes Jahr. Sicher nicht drei ­Monate nach ihrem Bundesratsrücktritt», wie ein Insider gegenüber SonntagsBlick zerknirscht einräumt. Dass man sich vom grossen Konkurrenten aus Basel dermassen hat abtrocknen lassen, dürfte im ­Migros-Turm am Zürcher Limmatplatz noch lange schmerzen.

Umso interessanter nun das Präsidentinnen-Duell in drei Wochen bei der Migros. Neben Jeannine Pilloud steht nämlich noch eine zweite Frau zur Auswahl: Ursula Nold (49). Die vierfache Mutter ist hauptberuflich an der PH Bern angestellt. Sie hat nicht annähernd die Bekanntheit ihrer Konkurrentin und wird auch nicht vom Migros-Evaluationsgremium zur Wahl vorgeschlagen. Deshalb wird sie in der Öffentlichkeit unterschätzt.

Im Zweifel für die Insiderin

Aber Nolds Chancen sind absolut intakt! Gewählt werden die Migros-Präsidenten von der Delegiertenversammlung. Dieses 111-köpfige Gremium wird präsidiert von – ­Ursula Nold! Sie kennt die Delegierten persönlich, kann deshalb problemlos die Werbetrommel in eigener Sache rühren. Für Pilloud ist das viel schwieriger. Sie kommt von aussen und die Migros-Delegierten sind öffentlich nicht bekannt.

Mehrere Migros-Insider lassen gegenüber SonntagsBlick durchblicken: Im Zweifel setzt man beim orangen Riesen lieber auf die Insiderin statt auf den Promi. Nold gilt als sehr umgänglich und zugleich äusserst ehrgeizig. «Sie kann gut auf Leute eingehen. Die Stimmen aus der Romandie und dem Tessin hat sie auf sicher.» Weiterer Vorteil zugunsten der Pilloud-Herausforderin: Sie könnte am Tag eins die Arbeit aufnehmen, müsste sich nicht lange in die komplizierten Migros-Strukturen einarbeiten. Und eine schnelle Kurskorrektur ist nötig!

Die Mega-Genossenschaft sucht nach Orientierung. Statt selbstbewusst wirkt die Migros zunehmend verschlossen. Die zehn regionalen Genossenschaften – schon immer mit grosszügigen Autonomien ausgestattet – wirtschaften sich ausei­nander. Vor allem die grossen Regionen Aare (Bern-Mittelland), Zürich, Ostschweiz und Luzern bilden keine Einheit mehr, was Reformen erschwert. Direktor Fabrice Zumbrunnen, seit etwas mehr als ­einem Jahr im Amt, habe von Zürich aus Mühe, den Laden zusammenzuhalten, heisst es.

Welche Antwort hat man auf Leuthard

Anders als Pilloud will sich Ur­sula Nold mit Verweis auf die ­bevorstehende Wahl gegenüber SonntagsBlick nicht öffentlich äussern. So bleibt offen, was sie von Doris Leuthards Wahl bei der Konkurrenz hält.

Obwohl man bei Coop diese Woche entsprechende Pläne ­dementierte, gehen Branchenkenner davon aus: Coop will Doris Leuthard als künftige Präsidentin aufbauen! Nun muss man sich bei der Migros die Frage stellen, welche Antwort man darauf parat hat. Einen klassischen, öffentlichkeitsgestählten Managementtypus à la Jean­nine Pilloud, die ihre steile Karriere mit einem Präsidentenamt krönen will. Oder eine Vollblut-Genossenschafterin, die sich im Nebenamt für die Migros aufgeopfert hat und jetzt die Chance ihres Lebens erhält.

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