Krise im Detailhandel erreicht Luxus-Läden
Der Lack ist ab!

Die Krise im Detailhandel erreicht das Topsegment. Jetzt knausern sogar die Reichen.
Publiziert: 06.12.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 16:33 Uhr
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«Onlineshops gehen, so wie sie gekommen sind»: Boutiquen-Betreiberin Trudie Götz.
Foto: Thomas Lüthi
Von Andrea Hohendahl

Schon wieder verschwindet eine Ikone der Zürcher Bahnhofstrasse: Das Pelzparadies Wyssbrod wirft das Handtuch! Ende April geht das Geschäft zu. Seit Freitag läuft die Liquidation. Grund sei der anstehende Totalumbau der Liegenschaft, schreibt Inhaber Urs Walder (45) in einem Brief an die Stammkunden. Die neuen Mietkonditionen seien nicht mehr tragbar. «Hinzu kommt das momentan schwierige Umfeld für den gesamten Detailhandel», so Walder.

Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. 2015 war ein rabenschwarzes Jahr für den Schweizer Detailhandel. Zuerst der Frankenschock im Januar. Die Waren verteuerten sich schlagartig um 20 Prozent gegenüber dem Ausland. Dann die Russland-Krise: Wegen des Preiszerfalls des Rubels und des Kriegs in der Ukraine blieben reiche Russen aus. Dies bekamen viele Läden an den Topadressen zu spüren: In Basel verschwanden innert weniger Monate vier Nobelhäuser von der Bildfläche. Auch in Zürich machten mehrere Shops dicht. Und das alteingesessene Kleidergeschäft PKZ strafft sein Ladennetz: Die Filiale am Löwenplatz wird Ende Jahr geschlossen.

Die Luxusbranche wird komplett auf den Kopf gestellt. Was läuft schief? Das Konzept mit Lizenzläden ist passé. «Immer mehr Marken eröffnen ihre eigenen Stores an Toplagen», sagt Marc-Christian Riebe (42), CEO des Immobilienvermittlers Location Group. «Die Hersteller von Luxuslabels wollen heute die gesamte Wertschöpfungskette bedienen.» Das gilt auch für den Onlinemarkt. Net-a-Porter und Mr Porter graben in diesem Preissegment gehörig Wasser ab. «In der Schweiz werden nur jene überleben, die innovativ sind und genügend Reserven haben», so Riebe.

Das prominenteste Opfer dieser Entwicklung heisst Trudie Götz (72). Die Schweizer Boutique-Königin ist seit über 30 Jahren im Geschäft und betrieb bis vor kurzem Exklusivläden für Dolce & Gabbana, Prada und Co. Die Partnerschaften liefen aus. Götz musste 15 Läden aufgeben. Heute besitzt sie noch 20 Geschäfte. Den Trend verschlafen habe sie nicht: «Onlineshops gehen, so wie sie gekommen sind.» Im Luxussegment bleibe die Beratung das A und O, sagt sie auf Anfrage. «Das sehe ich bei meinen Läden an der Bahnhofstrasse.»

Szenekenner sehen das anders. Der Zenit von Boutiquen mit Topbrands sei überschritten, sagen sie. «Online-läden werden immer wichtiger», bestätigt Olivier Burger (60), Patron von PKZ. «Unser Shop ist seit 2011 online und hat sich bewährt. Ich erwarte, dass wir in den Läden und online bald denselben Marktanteil halten.» Dass Burger auf dem richtigen Pfad ist, zeigen die Wachstumsraten seines Shops: «Dieser wächst zurzeit zweistellig.» Profitabel ist das Onlinegeschäft allerdings nicht.

Dennoch: «Der Strukturwandel lässt sich nicht mehr stoppen», ist Burger überzeugt. Wer im Premium- und Luxussegment auch morgen noch dabei sein will, braucht einen Onlineshop und einen Laden an bester Lage. Bernie’s und Companys wurden Opfer dieser neuen Realität: Ihnen fehlte beides.

Auch Grieder spürt den Druck: Der starke Franken und das Ausbleiben von reichen Shoppingtouristen reissen Löcher in die Kassen der Brunschwig-Gruppe. Bereits 2014 schrumpfte ihr Umsatz um vier Millionen auf 203 Millionen Franken. Mit dem eigenen Webshop versuchen die Genfer, Boden gutzumachen. Doch gegen die Premium-Giganten wie Net-a-Porter, Mr Porter und Zalando haben sie einen schweren Stand. Grieders Online-Umsatz beträgt eine Million Franken, Zalando kommt in der Schweiz auf 235 Millionen.

Die Aussichten sind düster: Umsatzverluste bis zu 30 Prozent sind keine Seltenheit. Laut Insidern stehen viele Ladengruppen zum Verkauf – auch bekannte Namen.Viele Topbrands werden eigene Läden eröffnen. «Für Globus, PKZ, Schild und Trois Pommes», prophezeit Riebe, «wird es noch schwieriger.» 

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