Kredithaie so dreist wie nie
Schuldenfalle Weihnachten

Immer häufiger werden Weihnachtsgeschenke auf Pump gekauft. Der Fall der Cembra Money Bank zeigt auf, wie perfide kurz vor Heiligabend für das schnelle Geld geworben wird.
Publiziert: 22.12.2017 um 07:12 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:45 Uhr
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Wer schon mal einen Kredit hatte, darf nochmals Geld auf Pump «anfragen».
Foto: Zvg
Petar Marjanovic

Die Cembra Money Bank wirbt gerne mit den schönen Seiten des Lebens. Verführerisch lächelt etwa Ex-Miss-Schweiz Christa Rigozzi (34) von den Plakaten des Unternehmens und preist Kleinkredite an – flankiert von schicken Autos und neuen Möbeln.

An Weihnachten erreicht der Konsumrausch in der Schweiz den Höhepunkt. Und auch die Werber von Cembra laufen zur Hochform auf. Wie perfide sie dabei vorgehen, zeigt ein aktueller Fall: Im November verschickte Cembra an zahlreiche «hochgeschätzte ehemalige Kunden» einen Brief, in dem sie aggressiv und mit Geschenken für ihre Kredite wirbt. 

Auch BLICK-Leser Peter G.* erhielt einen solchen Brief. «Ich habe vor Jahren einen Kredit aufgenommen und bezahlte ihn rasch ab. Meine Freundin wusste nichts davon, und das blieb auch so», sagt er. Bis dann eben diese Werbung im Briefkasten lag.

«Das ist wie bei Drogensüchtigen»

Was darin stand, trieb ihn zur Weissglut: Bis zu 20'000 Franken könne er anfragen, hiess es. Cembra erklärte ihm auch, wofür er das Geld vielleicht benötigen könne: Um eine hohe Zahnarzt-Rechnung zu bezahlen, wenn er ein neues Haushaltsgerät benötige oder sich etwas Besonderes gönnen wolle.

«Mir wurde schlecht», sagt er gegenüber BLICK. «Ich habe meine Finanzen nicht immer unter Kontrolle, deshalb zahlte ich den Kredit auch vorzeitig ab», erklärt er und kritisiert: «Das ist wie bei Drogensüchtigen. Wenn man in schwachen Momenten Geld riecht, nimmt man es. Solche Briefe müssen verboten werden!»

Parlament hat aggressive Kreditwerbung verboten

Seit bald zwei Jahren gibt es sogar ein solches Verbot, wie ein Blick ins Konsumkredit-Gesetz zeigt. Der Dachverband der Kreditinstitute konkretisierte in einer brancheninternen Bestimmung, was genau «aggressiv» bedeutet: So ist etwa Werbung für Jugendliche verboten.

Ein anderer Punkt betrifft sogenannte «ökonomisch unlogische» Argumente, wie Max Klemenz von der Zürcher Schuldenberatung erklärt. «Dieser Brief ritzt zumindest diesen Punkt», sagt der Mann, der Schweizer Familien aus der Schuldenfalle bringen will.

So schreibt Cembra, dass es «einfacher» sei, mehrere Rechnungen zusammenzufassen. «Das ist Humbug. Mit einem Kredit können die Schulden durch die Zinsen noch grösser werden!», so Klemenz.

Weihnachtszeit – Hochrisikozeit

Punkto Schulden sei Weihnachten eine Hochrisikozeit, so der Experte weiter: «Die Leute konsumieren mehr, kaufen Geschenke. Das löst gerade bei Menschen, die kein Geld haben, einen psychologischen Druck aus. Sie verschulden sich dann, um etwa Geschenke zu kaufen.» Darum habe Cembra wohl ihren Werbebrief auch ausgerechnet jetzt verschickt. 

Eingreifen könnte die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK): Die private Organisation lehnte jedoch eine Einschätzung auf Anfrage ab.

Die Cembra Money Bank weist in einer Stellungnahme die Kritik vehement zurück. «Es handelt sich beim Versand dieses Briefes um ein branchenübliches Vorgehen. Unsere Bank verschickt mehrmals pro Jahr und insgesamt mehrere Hunderttausend Kundenbriefe; diese Briefe haben nicht spezifisch mit der Weihnachtszeit zu tun», heisst es weiter. Die Bank schreibt zudem, dass sie entschieden gegen aggressive Werbung sei und solche auch nie gemacht habe.

* Name der Redaktion bekannt

Drei von 1000 Schuldnern werden betrieben

In der Schweiz sind Konsumkredite für etwas über sieben Milliarden Franken ausstehend, leicht weniger als im Vorjahr – ein Minus von 1,6 Prozent. Im Durchschnitt wird in der Schweiz ein Kredit in der Höhe von 28'800 Franken aufgenommen.

Gemäss dem Branchenverband Konsumfinanzierung Schweiz erhalten längst nicht alle einen Kredit, die einen beantragen: Jedes dritte Kredit- oder Leasinggesuch wird abgelehnt.

Trotz der Prüfung der Kreditfähigkeit der Schuldner muss bei drei von 1000 Kreditnehmern eine Betreibung eingeleitet werden. Besonders hart dürfte es jene treffen, die mehrere Kredite aufgenommen haben: 14 Prozent der Schuldner haben zwei Kredite aufgenommen, drei Prozent haben sogar mehr als zwei Kreditverträge abgeschlossen.

In der Schweiz sind Konsumkredite für etwas über sieben Milliarden Franken ausstehend, leicht weniger als im Vorjahr – ein Minus von 1,6 Prozent. Im Durchschnitt wird in der Schweiz ein Kredit in der Höhe von 28'800 Franken aufgenommen.

Gemäss dem Branchenverband Konsumfinanzierung Schweiz erhalten längst nicht alle einen Kredit, die einen beantragen: Jedes dritte Kredit- oder Leasinggesuch wird abgelehnt.

Trotz der Prüfung der Kreditfähigkeit der Schuldner muss bei drei von 1000 Kreditnehmern eine Betreibung eingeleitet werden. Besonders hart dürfte es jene treffen, die mehrere Kredite aufgenommen haben: 14 Prozent der Schuldner haben zwei Kredite aufgenommen, drei Prozent haben sogar mehr als zwei Kreditverträge abgeschlossen.

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