Umsatzrendite und Shop-Konzepte. Payment-Methoden und Pop-up-Läden. Die Themen am letztwöchigen Retailforum am Flughafen Kloten bewegten sich für hiesige Detailhändler in den üblichen Sphären.
Doch dann hörten die Anwesenden kurz nach dem Networking-Lunch von einer Idee, wie sie selten auftaucht an solchen Branchentreffen. Angetreten war Martin Neff, Chefökonom der Raiffeisen Schweiz. Nachdem er einige Grafiken zum hiesigen Detailhandel gezeigt hatte, die in der Regel von oben links nach unten rechts gezackt waren, wurde er radikal einfach. Und einfach radikal: «Hängen Sie doch einmal ein Schild in Ihr Schaufenster», riet Neff den Händlern. Um die Schildaufschrift war er nicht verlegen: «Inhalt: Hier gibt es keine Aktionen.»
«Kunden sparen für den Black Friday»
Neff sah das nicht als eine Empfehlung zur Preisabsprache, sondern als Warnung an die Retailer, nicht ständig auf das Mittel Rabatt zu setzen. Der Markt sei übersättigt, der Kuchen werde nicht grösser. Da sei mit dem ewigen Discount nichts zu holen.
Tatsächlich denken Schweizer Detailhändler über passende Schilder in ihren Schaufenstern nach. Aber in einer etwas anderen Art, als dies Neff anregte. Viele hiesige Retailer überlegen sich vielmehr, wie viel Rabatt sie am Black Friday geben wollen. Und das schon eine ganze Weile.
Der US-Rabatt-Tag, hierzulande 2015 von der Warenhausgruppe Manor eingeführt, beschäftigt Schweizer Detailhändler schon seit Monaten. «Noch 2017 hatten wir erste Händleranfragen im Oktober. Dieses Jahr kamen die ersten Inputs schon im März», sagt Julian Zrotz von der Plattform Blackfridaydeals.ch. Auf seinen Servern herrsche jetzt schon dreimal so viel Traffic wie im gleichen Zeitraum 2017. «Der Impact von Black Friday dürfte dieses Jahr noch einmal deutlicher grösser sein als im Vorjahr», sagt Zrotz, «viele Konsumenten haben sich mit Einkäufen zurückgehalten und sparen für den Black Friday.»
«Fast die Hälfte der Einkäufe sind geplant»
Das kann die Strategieberatung Oliver Wyman belegen. Die Firma hat in einer repräsentativen Umfrage Schweizer Konsumenten bezüglich des Black Friday auf den Zahn gefühlt. Das erste Resultat: Der US-amerikanische Discount-Karneval ist in der Schweiz in kürzester Zeit zum Haushaltnamen geworden: «Der Black Friday hat mit über 80 Prozent einen sehr hohen Bekanntheitsgrad bei den Schweizer Konsumenten», sagt Nordal Cavadini. «65 Prozent der Befragten planen mit ihrer Teilnahme.»
Der Handelsexperte im Zürcher Büro von Oliver Wyman weiss um die Planungssicherheit der hiesigen Sparfüchse: «Fast die Hälfte der Einkäufe am Black Friday sind schon länger geplant und ersetzen den Kauf zu einem späteren Zeitpunkt.» Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten, die am Black Friday zustechen werden, interessieren sich dabei vor allem für Kleider und Schuhe (70 Prozent) und für Elektronik (56 Prozent). Etwas weniger gefragt sind Sport- und Freizeitartikel (31 Prozent) sowie Haushaltgeräte und Kosmetik (je 30 Prozent).
Aber nur, wenn die Discounts hoch genug sind, sagt Cavadini: «Die Rabatte, die am meisten zum Kauf bewegen, liegen zwischen 30 und 50 Prozent.» Wer weniger saftig abschlägt, könnte als Enttäuschung wahrgenommen werden.
Margen auf Höhe halten
Händler, die am Black Friday Frequenz generieren wollen, müssen also besonders hohe Rabatte ausloben. Und das just in Sortimenten, die in der Regel schon das ganze Jahr über mehrmals mit Discount-Klebern angepriesen werden. Für Konsumspezialist Zrotz ist der Black Friday «Ausdruck eines funktionierenden Marktes». Wer als Händler diesen Tag richtig nutze, komme zu Neukunden und könne dank smartem Einkauf seine Margen auf anständiger Höhe halten.
Zrotz beobachtet zudem, dass der Black Friday längst nicht mehr nur eine Domäne der grossen Händler sei: «Wir sehen dieses Jahr sehr viel mehr kleinere Player an der Black-Friday-Front, etwa Nagelstudios und Dorfläden.» Für viele Retail-Kenner ist es wenig einsichtig, weshalb sich der Handel just in der Vorweihnachtszeit, wenn in der Regel zum Normalpreis angeboten werden müsste, in eine gewaltige Rabattschlacht stürzt. Oliver-Wyman-Spezialist Cavadini spricht von «geklauten Umsätzen der Zukunft» (siehe auch Interview rechts).
Schweiz plant, Österreich ist spontan
Die Strategieberatung Oliver Wyman hat das Thema Black Friday in einem grösseren Kontext untersucht und dabei neben der Schweiz auch die Nachbarländer Deutschland und Österreich unter die Lupe genommen. Während die Schweizer und die Deutschen generalstabsmässig das einkaufen, worauf sie seit Wochen gespart und gewartet haben, gehen die Österreicher etwas anders ans Werk. Dort shoppen 51 Prozent der Konsumenten spontan am Schwarzen Freitag, während es in der Schweiz (41 Prozent) und Deutschland (40 Prozent) weniger als die Hälfte ist.
Wohl aufgrund der hohen Kaufkraft und der generell höheren Preise geben sich die Schweizer im Dreiländervergleich am ausgabefreudigsten. Der Grossteil der hierzulande Befragten will 100 bis 300 Franken ausgeben am Black Friday. In Deutschland und Österreich sind es 100 bis 200 Euro.
Wenn denn die Rabatte hoch genug sind. Hier hat sich der Handel seit 2015, seit der ersten Austragung des Black Friday in der Schweiz, selber zu einer Art Spirale verknurrt. Und so werden wohl die Aktionsschilder am 23. November 2018 zu einem Grosskampftag kommen in Schweizer Schaufenstern.
Am 29. November 2024 ist Black Friday – überall auf der Welt, auch in der Schweiz. Aber: Woher kommt eigentlich dieser Einkaufstag mit verrückten Sales? Und worauf sollten Schnäppchenjäger achten?
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Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.
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