Die Zahl der Coronafälle steigt in der Schweiz, einen zweiten Lockdown gilt es eigentlich um jeden Preis zu verhindern. Denn die wirtschaftlichen Schäden wären enorm. Trotzdem könnte es im Herbst oder Winter zu eben diesem Szenario kommen, sollten die Fallzahlen weiter ansteigen.
Doch Unternehmen können sich nicht gegen solch ein Szenario versichern, einen Versicherungsschutz gegen coronabedingte Betriebsschliessungen gibt in der Schweiz nicht mehr.
Denn die Versicherungen haben nach dem ersten Lockdown ihre Verträge rasch angepasst. Selbst die Mobiliar, welche ihren Kunden mit einer Epidemieversicherung anstandslos Entschädigungen zahlte, hat die Bedingungen geändert, schreibt die «NZZ am Sonntag» und zitiert aus einem Schreiben der Mobiliar an ihre Kunden: «Die bisherige Epidemie-Versicherung wird durch eine neue Hygiene-Versicherung abgelöst.»
Mobiliar kündigt Verträge
Die 340 Millionen Franken, die die Mobiliar bislang für Corona-Schäden bezahlt hat, sind offenbar genug. «Eine Fortsetzung des bestehenden Vertrags ist nicht möglich. Falls Sie auf die Anpassung Ihres Vertrags verzichten, wird die Mobiliar von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen.»
Andere Versicherer haben ihren Kunden Vergleichsangebote gemacht, auch um langwierige Gerichtsprozesse zu vermeiden. Doch die Kulanz des ersten Lockdowns ist vorbei. Versicherungstechnisch stehen die Firmen ohne Schutz vor einem zweiten Stillstand der Wirtschaft da.
«Die Versicherungen haben das Neugeschäft mit den bisherigen Epidemielösungen komplett eingestellt», sagt Versicherungsbroker Simon Holtz vom Risk-Management-Berater Kessler zur «NZZaS». Manche würden neuerdings alle Viren bis auf das Norovirus – ein Durchfallerreger – von ihren Leistungen ausschliessen. Andere würden die Deckung nur noch auf lebensmittelrechtliche Verfügungen oder Warenschäden beschränken.
Nur wenn alle zusammenspannen
Dabei wäre jetzt das Bedürfnis nach neuen Epidemieversicherungen gross, die Kunden wären wohl bereit auch entsprechende Prämien zu bezahlen, glaubt Broker Hotz.
Waren die Banker die Buhmänner der Finanzkrise so scheinen ihnen die Versicherer in der Corona-Krise nun den Rang abzulaufen. Die Reputation der Branche ist angeschlagen, denn normalerweise haben die Versicherer für fast jedes Problem eine passende Police. Ausser für das drängendste Problem der Gegenwart: die Corona-Pandemie.
Doch das soll sich ändern. Für künftige Pandemien bringt die Versicherungsbranche eine sogenannte Poollösung ins Spiel. Die Idee: Private und öffentlichrechtliche Versicherungen sowie Rückversicherungen spannen zusammen. Mit Unterstützung des Bundes solle so eine Absicherung gegen Katastrophen im Gesundheitsbereich möglich werden. Erste Vorschläge für einen Pandemiepool sollen im September auf dem Tisch liegen. (koh)