Kaufen ist günstiger als mieten, aber ...
... Mieter schlafen besser

Seit die Zinsen auf ein rekordtiefes Niveau gesunken sind, vergeht kaum ein Tag, ohne dass in einer Bar oder einem Café irgendwo im Land ein Mieter vor Neid erblasst. Weil ein Eigenheimbesitzer mit seinen tiefen Zinszahlungen prahlt.
Publiziert: 22.03.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:21 Uhr
Von Niklaus Vontobel

Schaut der Mieter zu Hause in die Immobilienanzeigen, kann er das Ausmass der Misere schnell ermessen. Eine 1,5 Millionen Franken teure Wohnung, zu zwei Dritteln und 1,4 Prozent Zins belehnt, ist monatlich für weniger als 1200 Franken zu haben. Der Mieter dagegen zahlt 2900 Franken.

Mit seinem Seelenfrieden ist es vorbei. Soll er vielleicht das Gesparte doch noch zusammen­kratzen und eine Wohnung kaufen? In dieser Nacht wälzt er sich lange im Bett herum.

Das ist unnötig. Kaufen ist trotz rekordtiefer Zinsen kein Strand­spaziergang ins finanzielle Glück. Man kann damit schnell in der Bre­douille landen.

Adrian Wenger (43), Experte vom VZ VermögensZentrum, hat für SonntagsBlick ein Beispiel durchgerechnet. Der Limmat To­wer, ein 80-Meter-Turm in Dietikon ZH, bietet Wohnungen zum Kauf und zur Miete.

Eine Mietwohnung unten im Tower ist für jährlich 34800 Franken zu haben, Nebenkosten inbegriffen. Zu kaufen gibt es ähnlich grosse Wohnungen weiter oben für 1,5 Millionen. Braucht der Käufer dafür eine Hypothek von einer Million, zahlt er jährlich bloss 14000 Franken (bei 1,4 Prozent Zins).

Das ist dreimal weniger, als der Mieter bezahlt! Und diese Differenz treibt Mietern die Farbe aus dem Gesicht.

Doch Wenger sagt: «In den 14000 Franken sind nicht alle Kosten enthalten.» Strom und Wasser sowie Rückstellungen für den neuen Anstrich oder eine Waschmaschine machen weitere 15500 Franken aus. Damit zahlt der Eigentümer jährlich 29500 Franken. Steuern auf den Eigenmietwert kommen hinzu. Der Fiskus verlangt 1450 Franken, obschon die Zinsen abzugsfähig sind. Alles in allem zahlt der Eigentümer pro Jahr nur noch 3850 Franken weniger.

Bei diesem Unterschied schläft der Mieter schon ruhiger. Aber gut erholt wacht er nicht auf. Immerhin kann der Eigenheimbesitzer noch immer behaupten, er habe die bessere Aussicht und zahle erst noch weniger. Dem hält man am besten ein Schlagwort wie «Immobilienblase» entgegen und fragt gelassen: Was ist, wenn die Wohnung in zehn Jahren zu einem um zehn Prozent tieferen Preis verkauft werden muss? Dann wären über 100000 Franken weg.

Weitere Schlagworte lassen sich nachschieben: Scheidung! Jobwechsel! Streit mit Miteigentümern! Sozialer Abstieg der Umgebung! Jedes dieser Ereignisse kann einen Kauf zum Desaster werden lassen. Weil man als Eigentümer unbeweglicher ist, weniger flexibel auf Schicksalsschläge reagieren kann als der Mieter.

Wenger sagt dazu: «Es klingt banal, aber es ist wichtig: Man muss sich einen Kauf sehr gut überlegen. Die Risiken sind nun einmal grösser als bei einer Miete.»

Wenger, selbst Stockwerkeigentümer, kennt auch die kleinen Tücken dieses Lebens: «An unserer Miteigentümerversammlung wird häufig stundenlang über Details diskutiert.» Dennoch ist er noch immer froh, eine Wohnung gekauft zu haben. Im Unterschied zum Mieter könne man zumindest mitreden.

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