Beim Radikalumbau der Post setzt Chefin Susanne Ruoff (58) nun auch das Messer bei der Banktochter Postfinance an. Der gelbe Goldesel der Post – Garant für satte Jahresgewinne – steht vor einem Totalumbau. Mit tiefgreifenden Folgen für die 4000 Postfinance-Angestellten.
Allein im Jahr 2018 sind gegen 460 Mitarbeitende in der ganzen Schweiz direkt vom Umbau betroffen. BLICK weiss zudem, dass ein Konsultationsverfahren am heutigen Donnerstag anläuft, um die geplanten Massnahmen im nächsten Jahr umsetzen zu können.
CEO Köng macht Dampf
Postfinance-CEO Hansruedi Köng (51) schwor die Belegschaft bereits im letzten November auf harte Zeiten ein. Seit Juli 2017 gilt die neue Organisationsstruktur. Die Geschäftsleitung will im November 2017 über das weitere Vorgehen informieren, bestätigen Insider.
An neun Standorten – zwei in St. Gallen, Netstal GL, Münchenstein BL, Bellinzona, Bulle FR, Zofingen AG, Kriens LU und Bern – sind am Dienstag 500 Postfinance-Mitarbeiter über ihre Zukunft orientiert worden.
Nächstes Jahr müssen etwa 40 Personen (Vollzeitstellen) mit einer Kündigung rechnen. Mehrere Hundert Angestellte erhalten eine sogenannte Änderungskündigung, weil sie etwa den Arbeitsort wechseln müssen. Für nicht wenige Angestellte gibts Lohneinbussen.
Büroflächen sollen reduziert werden
«Victoria» heisst Postfinance-intern das Umbau- und Sparprogramm. Es sieht auch massiv weniger Bürofläche vor. Die Rede ist von derzeitigen Überkapazitäten von mehr als zehntausend Quadratmetern. Dies entspricht gegen 800 bis 1000 Arbeitsplätzen.
Konsequenterweise müsste Postfinance Verträge angemieteter Objekte kündigen und eigene Standorte abbauen. Gemäss BLICK-Informationen zur Disposition stehen die Kontaktcenter Kriens LU und Münchenstein BS. Sie sollen im Sommer 2018 schliessen.
Mitarbeiter müssen an neuen Arbeitsort pendeln
Die Mitarbeiter des Kontaktcenters St. Gallen, das auch wegfallen soll, müssten nächstes Jahr im Kontaktcenter Netstal GL ihrer Arbeit nachgehen – sofern sie mitziehen und nicht von sich aus kündigen.
Gemäss Recherchen will Postfinance die gesamte Belegverarbeitung an die Posttochter Swiss Post Solutions auslagern. Dies betrifft gegen 120 Mitarbeitende.
Die Syndicom reagiert empört auf die Informationen von BLICK. «Wir werden keinerlei Auslagerung oder das Herumschieben von Mitarbeitenden in der ganzen Schweiz akzeptieren», sagt Gewerkschafter Roland Lamprecht. Man fordere die Kantone auf, sich für die Hunderten von bedrohten Arbeitsplätzen einzusetzen.
Die Postfinance wollte gestern keine Fragen von BLICK beantworten.
Service-Abbau für 3 Millionen Kunden
Was bei Postfinance-Kunden für Unmut sorgen dürfte: CEO Köng plant offenbar, schon im nächsten Jahr den rund 3 Millionen Postfinance-Kunden keine Papierdokumente mehr zuzustellen und konsequent nur noch auf digitale Kanäle zu setzen. Des Weiteren wird auch die Zahl der Filialen überprüft. Ebenso das schweizweite Netz der Geldautomaten.
Hier spielen auch das Poststellen-Projekt «Evolve» und das Konzern-Sparprogramm «Vivaldi» eine Rolle, welche Post-Chefin Ruoff gerade durchpaukt. Das Sparziel taxiert sie auf 280 Millionen Franken bis 2020.