Der nominierte neue Fed-Chef: Jerome «Jay» Powell.
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Vinzenz Greiner
US-Präsident Donald Trump (71) hat entschieden: Nachfolger von Janet Yellen (71) an der Spitze der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird Jerome Powell (64). Er wird ab dem 3. Februar nächsten Jahres, sofern der Senat zustimmt, mächtigster Geldpolitiker der Welt.
Aber wer ist der Mann? Hier zehn Fakten zum neuen Fed-Chef:
- Man nennt ihn Jay
Eigentlich heisst er mit vollem Namen Jerome Hayden Powell. Doch viele nennen den baldigen Fed-Chef kurz und knapp Jay. So sagte Noch-Chefin Yellen in einem Statement: «Ich gratuliere meinem Kollegen Jay Powell zur Ernennung.»
- Aus konservativer Grossfamilie
Seine Eltern lernten sich in einer christlichen Schule kennen. In der Sterbeanzeige von Powells Mutter wurde aber betont, dass sie erst mit ihrem Mann zusammenkam, nachdem er aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt war. Dort hatte er etwa in Italien und Deutschland gekämpft.
Jerome Powell hat fünf Geschwister und ist Vater von drei Kindern. Seine Frau Elissa und er wurden gleich von zwei Priestern getraut: von einem Priester der unitarischen und einem von der römisch-katholischen Kirche.
- Juristerei im Blut
Powells Familie ist rechtslastig. Sein Grossvater, James Hayden, war Dekan der Columbus Law School und später Dozent an der Georgetown Law School. Powells Vater war zeitweise Assistent bei der US-amerikanischen Bundesstaatsanwaltschaft und arbeitete bis zur Pensionierung in privaten Rechtskanzleien.
Der neu ernannte Fed-Chef hat neben einem Abschluss in Politikwissenschaften auch einen Jus-Doktor. Eine Zeitlang war er Chefredaktor eines Juristen-Journals.
- Ein Entriegler?
Viele halten den Ex-Investmentbanker Jerome Powell für einen Befürworter von Finanzmarkt-Deregulierungen. Damit läge er voll auf der Linie von US-Präsident Donald Trump, der die Wall Street quasi ins Weisse Haus verlängert hat.
So sagte Powell kürzlich auf einer Veranstaltung: «Mehr Regulierung ist nicht immer die beste Antwort auf jedes Problem.» Powell sagte aber auch, man müsse bei Regulierungen den Einfluss auf den Markt beachten. Hardliner tönen anders. Powells Haltung ist differenzierter. So sagte er etwa zu den Deregulierungsplänen von Trump: «Es gibt da Ideen, die ich nicht unterstützen würde.» Daher bewertet die «New York Times» seine Nominierung sogar mit den Worten «Trump stuft Deregulierung herunter».
- Republikanisch
Im Leitgremium der Fed, in dem Powell seit 2012 sitzt, ist er allein auf weiter Flur – politisch betrachtet. Er ist dort der einzige Republikaner. Er arbeitete mehrere Jahre im US-Finanzministerium. Der damalige US-Präsident George Bush senior (93) ernannte ihn zum Staatssekretär.
Powell ist aber keiner jener Republikaner, die in den Demokraten verkappte Kommunisten oder den Teufel in Parteiform sehen. Dafür ist die Zusammenarbeit zu eng. So arbeitete er etwa für einen Think Tank, der von beiden Parteien gesponsert wird. Nicht irgendeiner nominierte den Republikaner fürs Bord des Fed-Leitungsgremiums, sondern der damalige Präsident Barack Obama (56), ein Demokrat.
- Nicht überraschende Überraschung
Trump hatte angekündigt, alle würden von dem Kandidaten seiner Wahl «sehr beeindruckt» sein. Tatsächlich ist fast niemand beeindruckt. Die Ernennung Powells gilt bei Analysten als denkbar unspektakulärste Option.
Überraschend ist nur ein Fakt: Es ist das erste Mal in der Geschichte der Fed seit 1979, dass ein Chef der Notenbank trotz erfolgreicher Bilanz nicht für eine zweite Amtszeit ernannt wurde.
- Langweiliger Nerd
Powell ist ohnehin keine schillernde Persönlichkeit. Gegenüber der «Washington Post» beschreiben Ex-Kollegen und Freunde von Powell den neuen starken Mann in der US-Geldpolitik als «nervig normal». Er lebt noch in der Stadt, wo seine Mutter geboren wurde.
Powell fährt mit dem Velo zur Arbeit, trinkt kaum Alkohol, spielt Gitarre und Golf. Eine seltsame Marotte soll Powell aber haben: Redet man mit ihm, wiederholt er manchmal die Sätze. Und zwar rückwärts.
- Herr Yellen
Zwar ist Noch-Fed-Chefin Janet Yellen im Gegensatz zu Powell politisch links der Mitte angesiedelt. Dennoch stehen sie einander geldpolitisch nahe. Sie sind beide eher vorsichtig und moderat unterwegs. Das liest man auch aus Powells Statement zu seiner Ernennung heraus, in dem er eher von Kontinuität als von grossen währungspolitsichen Sprüngen spricht.
«Die Geldpolitik des Fed wird sich nicht wesentlich ändern», erklärt Christoph Sax, Chefökonom der Migros Bank. Tom Porcelli, Chefökonom der grossen Investmentbank RBC Capital, sagte der «New York Times»: «Unserer Meinung nach ist Powell die republikanische Version von Yellen.»
- Reichster Fed-Chef
Bloomberg nannte den neuen Fed-Chef schon «Trumps Rich Kid» (Trumps reicher Bengel). Sein Vermögen wird auf zwischen 50 und 100 Millionen US-Dollar geschätzt.
- Arbeitete schon für einen Dollar
Powell ist zwar millionenschwer, arbeitete aber auch schon für quasi nichts. Er soll einen Dollar pro Jahr verdient haben, als er von 2010 bis 2012 in der Denkfabrik «Bipartisan Policy Center» arbeitete.
In dieser Rolle setzte er sich dafür ein, dass der US-Kongress sein Herumgeeiere bei der Schuldenobergrenze aufgibt.