Jeannine Pilloud (54) hat grosse Pläne: Ende März will sie von den Migros-Delegierten zur Verwaltungsratspräsidentin des orangen Riesen gekürt werden. Vor wenigen Tagen wurde sie von den zuständigen Gremien des Genossenschaftsbundes zur Wahl vorgeschlagen.
Es wäre ein Comeback zurück ins Rampenlicht. Denn nachdem Pilloud 2011 erstes weibliches Mitglied der SBB-Konzernleitung geworden war und sieben Jahre lang die Division Personenverkehr geführt hatte, degradierte man sie vor einem Jahr zur Delegierten für die ÖV-Branchenentwicklung.
Ein Abstellgleis, das Platz schaffte für Neues: Im Juni 2018 nahm sie Einsitz im Verwaltungsrat des IT-Unternehmens Innovation Process Technology (IPT). Nach ihrer Wahl liess sich Pilloud so zitieren: «Ich will mithelfen, IPT mit ihrem grossen Talentpool nachhaltig weiterzuentwickeln und auch dabei unterstützen, interessante Kundenprojekte anzugehen und zu akquirieren.»
Gab es Überschneidungen?
Das Pikante daran: IPT arbeitet eng mit den SBB zusammen. Auf der Homepage heisst es: «Die SBB ist ein langjähriger Kunde der IPT. Vor allem im Bereich der Modernisierung der Kundeninformationssysteme haben wir die SBB ca. 3 Jahre lang (...) beraten und bei der Implementierung unterstützt.» Ein Meilenstein in der Beziehung sei der Zuschlag als strategischer Integrationspartner gewesen.
Pilloud wird die SBB zwar im ersten Halbjahr 2019 endgültig verlassen. Dennoch stellt sich die Frage: Hat sie etwa schon während ihrer Zeit als Leiterin Personenverkehr Kundenprojekte für IPT akquiriert? Wie kam der Kontakt zum Zuger KMU zustande? Und ganz generell: Ist es angebracht, dass (ehemalige) Mitglieder der SBB-Konzernleitung für Firmen arbeiten, die von den Bundesbahnen Aufträge erhalten haben?
Sprecher Christian Ginsig sagt dazu, es sei nicht unüblich, dass SBB-Konzernleitungsmitglieder Verwaltungsratsmandate bei Drittfirmen ausführten. «Dabei sind sie selbstverständlich verpflichtet, jegliche Interessenkonflikte zu vermeiden und jederzeit die Vertraulichkeit zu wahren.»
«Ein übliches Vorgehen»
Falls im Rahmen der Verwaltungsratstätigkeit Geschäfte besprochen werden, die den eigenen Arbeitgeber betreffen, müssten diese Personen in den Ausstand treten. «Ein übliches Vorgehen bei Verwaltungsratsmandaten», so Ginsig. Weiter betont er, dass für die SBB die Vorgaben des öffentlichen Beschaffungsrechts gelten und Ausschreibungen dementsprechend nach klaren gesetzlichen Vorgaben abgewickelt werden.
Auch IPT verweist darauf, dass man von den SBB in einem öffentlichen Auswahlverfahren ausgewählt worden sei. Doch wie viele SBB-Aufträge hat IPT in der Ära Pilloud erhalten?
Welches Volumen hatten diese Aufträge? Und in welcher Form hatte IPT mit der ehemaligen Personenverkehrschefin zu tun, als diese noch im Amt war? Diese Fragen bleiben unbeantwortet. «Informationen zu Verträgen mit unseren Kunden geben wir nicht bekannt», so IPT-Verwaltungsratspräsident Marianus Papiernik (57).
Jeannine Pilloud selbst wiederum betont: «Ich kann nur unterstreichen, dass ich in meiner Funktion als SBB-Delegierte des öffentlichen Verkehrs keinen Einfluss auf die Beschaffungsgeschäfte von IT habe.» Die strengen Compliance-Vorgaben würden rigoros gehandhabt. Zudem sei sie während ihrer Funktion als Leiterin Personenverkehr noch nicht im Verwaltungsrat von IPT gewesen.