Bei der Grünen Wirtschaft sieht die Schweizer Wirtschaft rot. Der Dachverband Economiesuisse feuert aus allen Rohren gegen die Initiative für eine nachhaltige Wirtschaft, über die wir am 25. September abstimmen. Ein Ja würde bedeuten, dass man künftig kaum mehr Fleisch essen und Auto fahren dürfe, warnt der Verband um Präsident Heinz Karrer (57).
Doch jetzt melden sich Gegenstimmen – aus der Wirtschaft selbst. «Die Initiative als Blödsinn abzutun, ist in meinen Augen falsch», sagt Matthias Bölke (54) zu BLICK. «Wir sollten sie als Chance nutzen, um das Thema Klimaschutz auf die politische Agenda zu setzen.»
Bölke ist seit März Präsident des Verbandes Swisscleantech, des ökologischen Gegenstücks zu Economiesuisse. Bölke ist aber kein abgehobener Funktionär. Im Hauptberuf ist er Chef der Schweizer Niederlassung von Schneider Electric, einem Industriegiganten mit weltweit 160'000 Angestellten und einem Umsatz von 30 Milliarden Franken.
Für Bölke ist die Initiative vor allem ein Mittel, dass die Schweiz rasch anpackt, was sie ohnehin anpacken muss: den Klimaschutz. Im Pariser Klima-Abkommen vom letzten Dezember hat sie sich zusammen mit über 170 weiteren Staaten verpflichtet, den CO2-Ausstoss bis 2050 so weit zu reduzieren, dass sich die Erde um maximal zwei Grad erwärmt.
Doch die Grüne Wirtschaft ist keine reine CO2-Vorlage. Sie verlangt, dass die Schweiz eine Kreislaufwirtschaft einführt und ihren Ressourcenverbrauch bis 2050 um rund zwei Drittel senkt. Ohne drastische Eingriffe und Verzicht sei dies nicht möglich, sagt der Bundesrat und empfiehlt ein Nein.
«Chance für mehr Innovation»
Für Bölke die falsche Antwort: «Ich streite nicht ab, dass man einige Punkte der Initiative in Frage stellen kann.» Sie pauschal abzulehnen, hält er trotzdem für falsch: «Sie bietet eine Chance für mehr Innovation. Die sollten wir nutzen.»
Angst, künftig kein Fleisch mehr essen zu dürfen, müsse niemand haben. «Der Cervelat ist nicht gefährdet.» Ganz ohne Einschränkungen und Anpassungen werde es zwar nicht gehen. «Wir müssen effizienter werden und unsere Ressourcen klüger einsetzen, aber unter dem Strich werden wir besser und komfortabler leben.»
Übertrieben hält Bölke auch die Angst, die Schweiz laufe international ins Abseits, wenn sie ihre Umweltgesetze verschärfe. Diese Gefahr drohe vielmehr, wenn man nichts tue: Wer über nachhaltige Technologien verfüge, habe einen Wettbewerbsvorteil. Schon heute würden viele der fortschrittlichsten Gebäude nicht in der Schweiz, sondern in Asien gebaut, sagt Bölke: «Wenn wir uns nicht bewegen, riskieren wir, den Anschluss zu verlieren.»
Allein könne es die Wirtschaft nicht richten, sagt Bölke. Zwar haben sich Konzerne wie Schneider Electric oder ABB verpflichtet, ihren CO2-Ausstoss schon bis 2030 auf null zu senken. Freiwillige Massnahmen reichten aber nicht, um den Kampf gegen den Klimawandel zu gewinnen: «Wir müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen so ändern, dass sich Innovationen lohnen und die Effizienz steigt.» Beim Kampf gegen Gewässer- und Luftverschmutzung sei dies auch gelungen. Und auch da ging es nicht ohne Gesetze.
Die Ressourcen von drei Erden wären nötig, wenn alle Menschen so leben würden wie die Schweizer. Die Initiative für eine Grüne Wirtschaft verlangt, dass der ökologische Fussabdruck der Schweiz bis 2050 so weit reduziert wird, dass eine Erde genügt. Laut den Initianten wird dieses Ziel bereits durch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens erreicht. Der Bundesrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Am 25. September stimmen wir darüber ab.
Die Ressourcen von drei Erden wären nötig, wenn alle Menschen so leben würden wie die Schweizer. Die Initiative für eine Grüne Wirtschaft verlangt, dass der ökologische Fussabdruck der Schweiz bis 2050 so weit reduziert wird, dass eine Erde genügt. Laut den Initianten wird dieses Ziel bereits durch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens erreicht. Der Bundesrat empfiehlt die Initiative zur Ablehnung. Am 25. September stimmen wir darüber ab.