Vor zwei Wochen begann für Dennis Hausammann (32) und Moris Marchionna (36) das Abenteuer ihres Lebens: Die beiden Gründer der Schweizer Musikplattform iGroove reisten nach Berlin, um ihren Dienst bei Microsoft fit für die Eroberung des Weltmarktes zu trimmen.
iGroove startete Anfang 2015. Künstler können dort ihre Lieder zu guten Konditionen verkaufen. «Das erste Fair-Trade-Musikportal» nennen die Gründer ihr Baby. Das Start-up gibt 92 Prozent des Umsatzes an die Künstler weiter. Zum Vergleich: iTunes von Apple gibt den Künstlern nur rund 70 Prozent ab. Das reicht oft nur, um die Kosten zu decken.
Kein Wunder, fahren die Musiker auf iGroove ab. «Obwohl wir viel kleiner sind, verdienten die Künstler bei uns mindestens gleich viel wie bei iTunes», so Hausammann.
An einer Messe entdeckt
Aufmerksam auf iGroove wurde Microsoft in Dublin an der Tech-Konferenz «Web Summit» im November. «Die Leute von Microsoft sprachen über eine Stunde mit uns und rieten zu einer Bewerbung für das Förderprogramm Microsoft Venture», sagt Hausammann. Der IT-Multi hilft Start-ups mit seinem Accelerator bei der Expansion. In Berlin liefen bereits 31 Firmen den Prozess durch. Im Schnitt zogen sie 2,1 Millionen Dollar an Investitionen an.
Nach einem Bewerbungsprozess mit 500 Konkurrenten erhielt iGroove eine Einladung, um vier Monate in Berlin bei Microsoft ein Coaching zu erhalten. «Eigentlich wollten wir erst mal in Deutschland Fuss fassen. Doch die Profis legen uns nahe, global zu gehen», sagt Hausammann. Das liessen sich er und sein Partner nicht zweimal sagen.
Will Microsoft sich iGroove schnappen?
Der CEO von Microsoft Ventures in Berlin, Marius Sewing, schwärmt in den höchsten Tönen von den Schweizern: «iGroove kann der nächste grosse Player im Musikbusiness werden.» Hegt Microsoft womöglich selbst Interesse am Schweizer Start-up? «iGroove hat es geschafft, mit einem innovativen Geschäftsmodell und starker Technologie im anspruchsvollen Markt der Musikindustrie als Start-up Erfolg zu haben – ein spannendes Start-up!», meint Sewing. Abwegig wäre ein konkretes Interesse nicht, denn Microsofts eigener Musikdienst, der zufälligerweise «Groove» heisst, hat bis jetzt nicht eingeschlagen.
iGroove ist eine Erfolgsgeschichte. Setzte der Dienst zu Beginn 2400 Franken monatlich um, waren es Ende 2015 schon 15-mal mehr, nämlich 37'000 Franken. 4000 Künstler sind mittlerweile registriert, davon über 2500 aus der Schweiz. Der Dienst fokussiert sich auf kleine Künstler. Deren Unterstützer können ihre Lieder zu einem Mindestpreis herunterladen, aber freiwillig auch mehr bezahlen. iGroove bietet zudem einen ganz einfachen Kauf über SMS an. Verschickt der Kunde ein Codewort, erhält er einen Link zum Download der Lieder. Die Belastung erfolgt auf der Handyrechnung.