Zehn Monate hat Postfinance mit zwanzig Leuten an der digitalen Hypotheken-Plattform gebaut. Ende Monat steht das Endergebnis namens Valuu zum Download für Android und Apple bereit.
Thomas Jakob, Verantwortlicher fürs Plattform-Geschäft bei Postfinance, verspricht mit der mobilen App, die Suche nach einer passenden Wohn-Finanzierung zu erleichtern: «Wir wollen die Schwelle zum Abschluss einer digitalen Hypothek senken. Und als unabhängiger Vermittler die bestmögliche Offerten bieten.»
Auf Basis der gewünschten Wohnobjekte und der persönlichen finanziellen Verhältnisse, ermittelt Valuu mit einem «Matching-Algorithmus» das beste Angebot. Dies müsse nicht immer das günstigste sein, so Jakob: «Neben den Zinskosten können für Kreditnehmer auch die Konditionen der Amortisation oder die maximale Höhe der Finanzierung wichtige Kriterien sein.»
Hat der Valuu-Nutzer die passende Offerte, kann der User seinen Kreditantrag an die Bank gleich per App stellen. Man habe festgestellt, dass viele Dokumente für den Hypotheken-Antrag bei den Leuten zuhause in Papierform vorhanden seien, erklärt der Postfinance-Verantwortliche die Bewandnis hinter einer ausschliesslichen App-Lösung: «Da ist es wesentlich praktischer, die Unterlagen per Valuu-App abzufotografieren, anstatt sie am Desktop-PC einzuscannen.» Sind schliesslich alle Dokumente parat, stellt Valuu ein Dossier zusammen und reicht es bei der jeweiligen Offert-Bank ein.
Klassisches Vermittlungsgeschäft
Thomas Jakob betont, dass die Postfinance mit Valuu eine «völlig unabhängige Vergleichsplattform» lanciere. Um dies zu unterstreichen, wird die gelbe Staatsbank auf der digitalen Plattform auch keine eigenen Hypothekar-Offerten machen. Auch gibt es eine «Chinese Wall», auf dass keine Valuu-Informationen ins Produkte-Management der Postfinance fliessen.
Vielmehr versteht sich die Staatsbank mit der Hypo-App als Match-Makerin. Dazu hat sie mit Wohnfinanzierern Partnerschaftsverträge abgeschlossen.
Wie viele Anbieter beim Start Ende Januar über Valuu offerieren, will Postfinance-Manager Jakob nicht sagen. Nur soviel: «Wir haben eine gute Mischung aus kleinen, mittleren und grossen Banken, Versicherungen und Pensionskassen.» Das Feedback der Institute sei positiv gewesen. Die Beweggründe, auf Valuu zu offerieren, sind unterschiedlich: Gewisse Anbieter möchten mit der App ihr Verbreitungsgebiet erweitern, andere die Kosten für die Kundenakquise senken oder den digitalen Prozesse beschleunigen.
Für Postfinance geht es mit Valuu darum, neue, zinsunabhängige Ertragsquellen zu erschliessen. Der Geschäftsansatz basiere auf einem klassischen Vermittlungsmodell, erklärt der Plattform-Verantwortliche Jakob: «Der Hypo-Kreditnehmer zahlt nichts für Valuu, der Kreditgeber entrichtet eine Gebühr an uns.» Sie bemesse sich nach der Laufzeit und Höhe der Hypothek.
Andreas Dietrich, Banking-Experte am Institut für Finanzdienstleistungen Zug und Verwaltungsrat der Luzerner Kantonalbank, kennt das Geschäftsmodell der bestehenden Hypovermittler bestens: In der Regel gebe der Kreditgeber im ersten Jahr der Hypothek etwa die Hälfte der Marge an den Vermittler ab. Und hier fängt für Dietrich auch schon das Problem an: «Alle Vermittler sagen, dass sie unabhängig seien, aber das stimmt nur bedingt, indem nämlich nur jene Anbieter im Vergleich erscheinen, die bereit sind, die Marge mit dem Vermittler zu teilen.» Gemäss eigenen Angaben sind dies bei den Valuu-Konkurrenten Moneypark rund 100 Finanzierungspartner, bei Hypoguide etwa 30 und bei HypoPlus ist es gemäss Website «ein breites Netzwerk.»
Persönlicher Kontakt gefragt
Angesichts der etablierten Konkurrenz zeigt sich Dietrich gegenüber dem neuen Postfinance-Angebot skeptisch: «Valuu ist Vermittler Nummer vier.» Zwar bestünde gegenüber den bisherigen Angeboten ein Differenzierungsmerkmal, indem Valuu komplett als mobile Applikation konzipiert sei ohne persönliches Beratungsgespräch in der Filiale. Gerade dieses Alleinstellungsmerkmal erachtet Dietrich jedoch als Schwäche: «Der Markt für mobile Hypothekar-Angebote ist schwierig, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die Kunden bei einer kapitalen Finanzentscheidung wie dem Aufnehmen einer Hypothek am Ende halt doch den persönlichen Kontakt suchen.» Zumal die Skepsis gegenüber Hypovermittlern seitens der Kunden immer noch recht hoch sei, wie eine aktuelle, nicht repräsentative Umfrage in der Deutschschweiz gezeigt habe.
Postfinance-Manager Jakob sieht dagegen durchaus Potenzial für Vermittler: «Wir versprechen uns viel von zwei Kundensegmenten: Jenen, die gerne Angebotsvergleiche machen. Und jene, die Aufwand und Zeit für eine Finanzierung minmieren wollen.» Zudem könnten sich die Valuu-Nutzer jeder Zeit mit Hypo-Experten aus dem eigenen Beratungscenter besprechen.
Die Staatsbank hat sich mit der mobilen Hypo-App jedenfalls substantielle Ziele gesteckt: Man wolle mit Valuu Mehrwert und einen «bleibenden Eindruck am Markt» hinterlassen.
Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.
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