Gutscheine statt Rabatt
ÖV-Branche verhindert günstigeres GA

Die SBB beglücken Bahnabo-Besitzer mit Gutscheinen im Gesamtwert von über 57 Millionen Franken. Jetzt ist klar, wieso
Publiziert: 27.05.2018 um 19:31 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 19:57 Uhr
1/4
Erstmals in der Geschichte des GAs gibt es diesen Gutscheinkatalog.
Foto: ZVG
Moritz Kaufmann

Weihnachten im Mai für die Besitzer eines Generalabonnements (GA): Am Donnerstag erhielten sie Post von den SBB, Gutscheine im Wert von 120 Franken – für Bordgastronomie, Klassenwechsel (nur 2. Klasspassagiere), Gepäcktransport und Zug­reisen ins Ausland.

480’000 Kunden besitzen ein GA. Insgesamt verschenkten die SBB also 57,6 Millionen Franken. Schön und gut. Nur: GA-Besitzer hätten mehr davon, wenn der Preis um 120 Franken gesenkt worden wäre. Dann würde die Erwach­senen-Jahreskarte in der zweiten Klasse statt 3860 Franken nur noch 3740 kosten. Und: Der Gepäck­service ist ein Nischenangebot. Die Gutscheine dafür dürften wenig Verwendung finden.

Meierhans: «Nach Alternativen gesucht»

So sieht es auch Preisüberwacher Stefan Meierhans (49): «Am naheliegendsten wäre es gewesen, den von mir früher ausgehandelten Rabatt bei der Erneuerung des GAs 2018 weiterzuführen.» Aber: «Dem wollte die Branche nicht folgen. Deshalb haben wir nach Alternativen suchen müssen.»

Warum wollte die ÖV-Branche den GA-Preis nicht senken? SonntagsBlick fragte bei Insidern nach. Ihre Antwort: Die Opposition kam von den re­gionalen Verkehrsverbünden! Diese ÖV-Bündnisse – etwa ZVV in Zürich, Ostwind in der Ost- oder Passepartout in der Innerschweiz – geben selber Abonnemente heraus. Ein günstiges GA ist Gift für ihr Geschäft.

Ein Sprecher des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) bestätigt: «Das GA beeinflusst das Preisge­füge im öffentlichen Verkehr stark.» Der GA-Preis beschränke die Ticketpreise für Verbundsabonnemente «von oben her». Deshalb: «Die Preise dürfen nicht zu nahe beieinanderliegen, da sonst die Möglichkeit besteht, dass Verbundskunden sich für ein GA entscheiden.»

Regionale ÖV fahren Defizite ein

Das Grundproblem: Der regionale ÖV ist notorisch defizitär. Der ZVV zum Beispiel deckt seine Kosten nur zu zwei Dritteln mit Billetteinnahmen. Den Rest berappen Kanton und Gemeinden.
Der Fernverkehr hingegen macht Gewinn. Deshalb hat Preisüberwacher Meierhans auch billigere Billette und eben diese Gutscheine aushandeln können.

Die SBB sagen: «Das GA ist ein Produkt der gesamten ÖV-Branche. Eine Preisanpassung müsste von der Branche beschlossen werden. Die Kampagne mit den Gutscheinheften liegt im Handlungsspielraum der SBB und wird aus dem Gewinn im Fernverkehr investiert.» Die nun erstmals an GA-Kunden verschickten Gutscheine sind also das Resultat eines Kuhhandels. Er zeigt, dass über Billettpreise in der Schweiz politisch bestimmt wird.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.