Vor einem Jahr machte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bekannt, dass es den Grenzwert für das Herbizid Glyphosat in oberirdischen Schweizer Gewässern von 0,1 auf 360 Mikrogramm pro Liter erhöhen will. Das wäre eine Erhöhung um den Faktor 3600 (BLICK berichtete).
Vor zwei Tagen eben machte die SRF-«Rundschau» publik: Der Grenzwert soll jetzt bloss noch um den Faktor 100 auf 10 Mikrogramm pro Liter erhöht werden. So steht es in der geplanten Revision der Gewässerschutzverordnung, die sich im Moment im Stadium der Ämterkonsultation befindet.
Normalerweise sollte für eine solch drastische Veränderung des Grenzwerts – egal ob nach oben oder unten – eine solide Basis bestehen. Schliesslich hat die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft.
«Schutzziel nicht gefährdet»
Letzten Dezember wiegelte das Bafu, das zu Bundesrätin Doris Leuthards (55) Departement Uvek gehört, jegliche Bedenken zur 3600-fachen Grenzwert-Erhöhung ab, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt: «Das Schutzziel Ökologie ist in keiner Weise gefährdet», hiess es, obwohl die Umweltschützer auf die Barrikaden stiegen.
Woher kommt also nun die Senkung ums 36-Fache, wenn doch vorher alles kein Problem war? Hat man nun doch eine Umweltgefährdung erkannt? «Wir können zur Verordnungsänderung nicht Stellung nehmen, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt», sagt eine Bafu-Sprecherin.
Für die Kritiker der Grenzwert-Erhöhung ist der Fall dagegen klar: Das Bafu bewegt sich bloss aus politischem Opportunismus. «Das Bafu hat gemerkt, dass es sich mit der 3600-fachen Erhöhung völlig ins Abseits manövriert hat», sagt Daniel Hartmann, der früher als Leiter der Sektion Grundwasserschutz des Bafu eine tragende Rolle innehatte und den Laden von innen kennt. Solche Werte liessen sich nie wissenschaftlich genau definieren, sondern seien auch ein politisches Signal.
Bauern-Ritter: «Sehr unglücklich»
Welches soll das sein? Für den «Tages-Anzeiger» scheint der Fall klar: Der Bund will nicht den Eindruck erwecken, dass er sich nicht genug um die Gewässer kümmere. Schliesslich stecken aktuell zwei Gewässerschutz-Initiativen in der Pipeline und könnten 2020 an die Urne kommen: nämlich die Trinkwasser-Initiative, welche Subventionen an den Verzicht auf Spritzen von Pestiziden koppeln will, und die «Initiative für eine Schweiz ohne Pestizide», welche diese gleich ganz verbieten will.
Die Bauern, die in dieser Frage im Fokus stehen, zeigen sich irritiert ob der Bafu-Entscheidung: Als «sehr unglücklich» bezeichnet Bauernverbands-Präsident Markus Ritter (51) den Entscheid, den Grenzwert nun weniger stark anzuheben als geplant. (kst)
Der Unkrautvernichter Glyphosat, der «wahrscheinlich krebserregend» ist, erregt die Gemüter. In dieser aufgeladenen Situation steuert das Bundesamt für Umwelt sogar noch eine Lockerung des Grenzwerts an. Hier weiter lesen.
Der Unkrautvernichter Glyphosat, der «wahrscheinlich krebserregend» ist, erregt die Gemüter. In dieser aufgeladenen Situation steuert das Bundesamt für Umwelt sogar noch eine Lockerung des Grenzwerts an. Hier weiter lesen.