«Gitanos» nutzen Spaniens Gesetze aus
Mallorca hat ein Hausbesetzer-Problem

Auf der Ferieninsel Mallorca treiben Hausbesetzer ihr Unwesen. Viele Besitzer kommen nicht mehr in ihre Häuser. Die Polizei kann nichts dagegen tun, denn die Besetzer werden vom Gesetz geschützt.
Publiziert: 29.03.2018 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2018 um 14:59 Uhr
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Frank Zingelmann kommt nicht mehr in sein Haus in Mallorca. Er ist nicht der Einzige. Hausbesetzer nutzen die Rechtslage in Spanien aus.
Foto: Screenshot youtube (Spiegel TV)
Fabian Vogt

Frank Zingelmann ist deutscher Steuerberater. Als Ausgleich zu seinem stressigen Leben hat er sich vor zwei Jahrzehnten ein Chalet auf Mallorca geleistet. In Playa del Palma, aber einige Kilometer weg vom lärmenden Ballermann. Doch Ruhe findet Zingelmann derzeit dort keine. Der 48-Jährige kommt nicht mehr in sein Haus! 

Mitglieder eines spanischen Roma-Clans, sogenannte «Gitanos», sind in sein Haus eingedrungen und halten es besetzt, erzählt der Familienvater der «Welt». Sie schlafen in seinen Betten, essen an seinem Küchentisch. Er muss sogar mitansehen, wie zwei Jugendliche seinen Flachbildfernseher aus der Haustür tragen, in ein Auto verladen und davonbrausen. Als ein Reporter-Team einige Zeit später einen der Jungen damit konfrontiert, sagt dieser, es sei sein eigener TV gewesen, den er von einem Mädchen geschenkt bekommen habe.

Polizei darf nicht eingreifen 

Eine Chance, die Besetzer zur Rede zu stellen, erhält Frank Zingelmann nicht: «Ich habe versucht, durch das Tor auf mein Grundstück zu kommen. Da rasten schon drei Hunde auf mich zu.» Ein Nachbar kommt Zingelmann zu Hilfe, verständigt die Polizei. Doch die Beamten sind machtlos. Das heisst, sie kommen zwar vorbei, klingeln an der Tür, betreten das Grundstück aber nicht. Man könne derzeit nichts für ihn tun, sagten die Polizisten zu Zingelmann.

Frank Zingelmann ist kein Einzelfall. In Spanien leben laut einer Studie rund 270’000 Menschen in besetzten Wohnungen. Für diese Situation verantwortlich ist das spanische Rechtssystem. Ein Hausbesitzer muss innerhalb von 76 Stunden Anzeige wegen einer Besetzung erstatten.

Tut er dies nicht, kann eine Zwangsräumung nur noch mit einem richterlichen Beschluss erfolgen. Und das kann dauern, in Spanien ist die Justiz chronisch überlastet. Bis ein Richter einen Entscheid trifft, können bald einmal Jahre vergehen! Bis dahin haben es sich die Besetzer längst mit der gesamten Sippe bequem gemacht, die Möbel verscherbelt, illegal Strom und Wasser angezapft oder den Garten in eine Müllhalde umfunktioniert. 

Besetzer vom Gesetz geschützt

Es ist auch nicht gesagt, dass ein Richter automatisch für den eigentlichen Hausbesitzer stimmt. Laut Verfassung hat jeder Spanier das Recht auf eine würdige und angemessene Wohnung. Heisst: Wer in eine leere Wohnung eindringt, macht sich nicht zwingend strafbar! Darauf berufen sich viele Hausbesetzer, berichtet die «Welt». Ein Gericht muss jeweils den Einzelfall prüfen, und da sieht es für die ehemaligen Besitzer oft schwierig aus, ihren Rechtsanspruch durchzusetzen. Denn die Besetzer sind clever, sie tauschen die Schlösser aus und können gefälschte Mietverträge vorweisen. 

Frank Zingelmann ist nach dem Vorfall wieder nach Deutschland geflogen, es blieb ihm nichts anderes übrig. Von dort trägt er derzeit einen juristischen Kampf gegen seine Besetzer aus. Er hat sich einen spanischen Anwalt genommen, der versucht, eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Ob er jemals wieder in sein Haus einziehen kann, weiss er nicht.

Ob er will, auch nicht. Denn mittlerweile hat er dank eines Nachbarn Bilder vom Inneren seines Hauses gesehen. Dieser habe ihm berichtet, dass es bestialisch stinke und die Hunde alles verdreckt hätten. Die Besetzer hätten die Heizkörper ausgebaut und in den Garten geschmissen, sogar die Wandkacheln seien abgebaut und verscherbelt. «Ich gehe von totaler Zerstörung aus», sagte der 48-Jährige der Zeitung.

Nebst dem finanziellen Schaden – laut Studien sinkt der Wert besetzter Immobilien um rund 50 Prozent – bleibt Zingelmann auch die Unsicherheit. Solange das spanische Rechtssystem nicht geändert wird, könnte sein Haus immer wieder besetzt werden.

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