Erst mit einem Impfstoff hat die Menschheit eine Chance im Kampf gegen das Coronavirus. Nur mit einer Impfung ist an eine Rückkehr zur Normalität zu denken. Darin sind sich die meisten Experten einig.
Allerdings sind sich die meisten auch darin einig, dass es noch mindestens ein Jahr dauert, bis so ein Impfstoff in grossen Mengen zur Verfügung steht – und so sicher ist, dass er auch etwas nützt. Denn im Gegensatz zu Medikamenten, die für Kranke die letzte Hoffnung sein können, kommt ein Impfstoff bei Gesunden zum Einsatz, da darf es bei der Qualität keine Kompromisse geben.
Engländer haben Erfahrung bei Coronaviren
Das Rennen um den Corona-Impfstoff ist in vollem Gange, nun schreibt die «Bild-Zeitung», dass Forscher der Universität Oxford überzeugt seien, innerhalb der nächsten fünf Monate einen massentauglichen Impfstoff gegen das Coronavirus auf den Markt bringen zu können.
Hält diese Überzeugung einem Realitätscheck stand? «Bild» verweist auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (61), die noch am Osterwochenende vorsichtig optimistisch für Ende 2020 einen Impfstoff in Aussicht gestellt hatte.
Allerdings haben die Forscher aus England einen zeitlichen Vorsprung. Vor wenigen Jahren habe das Team der Universität Oxford einen Impfstoff gegen die Lungenkrankheit Mers entwickelt. Mers wird ebenfalls durch ein Coronavirus ausgelöst. Das heißt, die Forscher besitzen bereits eine vielversprechende Grundlage.
Umwandeln statt neu erfinden
Corinne Vandermeulen, Chefin des Zentrums für Impfforschung an der Universität Leuven, erklärt in der Niederländischen Zeitung «Het Nieuwsblad»: «Auf dieser bereits bestehenden Basis können die Forscher versuchen, mit verschiedenen Eiweissen eine Immunreaktion des Körpers hervorzurufen.»
Konkret: Die Forscher aus Oxford müssten also einen bereits bestehenden Impfstoff lediglich verändern und nicht neu erfinden. Das schaffe einen deutlichen Zeitvorsprung – auch für die Zulassung.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen solle bereits mit Tests an Menschen begonnen werden. Bis September sollte dann klar sein, ob die Immunantwort der getesteten Patienten wie erhofft ausfällt, heisst es bei «Bild».
Eigene Produktion in Oxford
Die Anstrengungen auf der Suche nach einem Impfstoff sind enorm. Rund um den Globus wird derzeit in 70 verschiedenen Laboren an einem Impfstoff gegen das Coronavirus gearbeitet. Drei dieser Labore sind bereits soweit, dass das Serum an Menschen getestet werden kann. Zwei sind in den USA und eines in China. Oxford wäre somit also die erste europäische Einrichtung, die soweit wäre.
Ob im September wirklich eine weltweite Impfstoffversorgung möglich wäre, bezweifelt Spezialistin Vandermeulen: «Wir sprechen hier von Millionen Dosen, die nötig wären. Oxford hat eine eigene Herstellungsabteilung, sie wären also unabhängig. Dennoch ist es ein enormes finanzielles Risiko.»
Immerhin: Offenbar gibt es bereits Finanzierungsgespräche mit der britischen Regierung, obwohl der Impfstoff erst am Anfang der Testphase stehe. Das zeigt einerseits, wie wichtig eine rasche Lösung ist – und vielleicht auch, dass die Forscher in Oxford tatsächlich weiter als andere Institute sind. (koh)