Social Distancing ist in einem Flugzeug kaum praktizierbar - ausser, Airlines streichen die Mittelsitze, was Ticketpreise hochschnellen lassen würde. So rigoros scheinen Schutzempfehlungen für Airlines nicht zu sein, um die Gefahr einer zweiten Pandemie-Welle einzubinden. Schliesslich war es der Flugverkehr gewesen, der Covid-19 mutmasslich aus China rund um den Erdball säte. Daher sollen gerade im Flugverkehr neue, teils strikte Massnahmen gelten, wenn Fluglinien voraussichtlich ab Juni ihre Streckennetze langsam wieder hochfahren. Fortan wird Fliegen insbesondere in der Holzklasse wohl noch weniger mit Entspannung zu tun haben.
Laut einem 30-seitigen Papier des Bundesamtes für Gesundheit, das der «SonntagsZeitung» vorliegt, könnten an Schweizer Flughäfen neu Temperaturmesser eingesetzt werden, um erkrankte Personen zu eruieren. In diesen Tests sollen Passagiere hängenbleiben, deren Körpertemperatur höher ist als 38 Grad. Im Vergleich zu anderen Ländern scheint diese Temperaturschwelle vergleichsweise hoch angesetzt. Vielerorts in Asien, wo Covid-19 weitgehend eingedämmt scheint, darf schon niemand mehr einen Supermarkt betreten, dessen Körpertemperatur 37 Grad übersteigt.
Bei dem Papier des Bundes handelt es sich bei den vorgeschlagenen Massnahmen um Empfehlungen für ein Schutzkonzept, das die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) gemeinsam mit dem Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten erstellt hat. Es bleibt einzelnen Staaten überlassen, die Richtlinien einzuführen. Um einige davon werden auch Reisende ab der Schweiz kaum herumkommen.
Fiebermessen, weniger Handgepäck, kein Anstehen vor Bordtoiletten
Auch an Schweizer Flughäfen könnten Temperaturkontrollen eingerichtet werden. Bisher hat die Schweiz auf solche Tests als Ein- und auch Ausreisebedingung verzichtet. Eine Airline jedoch misst am Flughafen Zürich die Temperatur von Passagieren bereits: Alitalia, und zwar auf Vorschrift der italienischen Regierung. Passagieren mit Fieber wird das Betreten des Flugzeuges verboten. Laut EASA-Empfehlungen sollen Passagiere mit einem Arztzeugnis die Möglichkeit erhalten, ihre Reise bis zu sechs Stunden vor Abflug kostenlos zu stornieren oder umzubuchen.
Auch das Mitführen von Handgepäck an Bord dürfte sich drastisch ändern. Emirates hat bereits beschlossen, dass Handgepäck fortan aufgegeben gehört. Nur noch «wichtige Gegenstände wie Handtasche, Aktenkoffer oder Babyartikel» dürfen in die Kabine. Den Behörden ist offenbar das Verstauen des Handgepäcks ein Dorn im Auge, weil es Einsteigezeiten teilweise markant verlängert.
Auch das Warten vor der Toilette an Bord, wie es üblicherweise auf Langstreckenflügen vor der Landung der Fall ist, soll nicht länger geduldet werden. Social Distancing im Flieger ist grundsätzlich schwer einzuhalten. Geschweige denn, wenn sich Passagiere vor dem Bordklo drängen. Schluss soll auch mit Beinevertreten in der Bordküche sein, und insbesondere auf Kurzstreckenflügen dürften auch keine Drinks und Snacks mehr gereicht werden. Auch der Dutyfree-Verkauf an Bord dürfte demnächst der Geschichte angehören.
Streitobjekt Schutzmaske
Wenigstens Passagiere in verspäteten Fliegern dürften im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen. Eine der vorgeschlagenen Massnahmen lautet, dass Airlines ihre Fluggäste nicht länger als eine halbe Stunde in einer verspäteten Maschine verharren lassen dürfen. Warterei bei stickig heisser Luft in einer vollen Kabine wäre wenigstens eine der Unannehmlichkeiten, die in Zukunft wegen Corona erspart bliebe.
Auch das Tragen einer Schutzmaske beim Einchecken und in der Kabine wird bis auf Weiteres wohl nicht Vorschrift werden. Dies, obschon beispielsweise Ryan O'Leary (59), Chef des Billigfliegers Ryanair, den Behörden vorhält, dass Masken «das Risiko der Verbreitung von Covid-19 um etwa 98,5 Prozent verringern» würden. In Kanada zum Beispiel gilt seit Mitte April Maskenpflicht im Flieger.
Stattdessen setzten die britischen Behörden auf eine 14-tägige Zwangsquarantäne für Passagiere, die im Königreich ankommen - was O'Leary als «unwirksame» und «unkontrollierbare» Massnahme verurteilt. (kes)
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