Swiss Life zahlt der SRG 81 Millionen Franken für ein unbebautes Areal von 6369 Quadratmetern. Macht 12'717 Franken pro Quadratmeter – und das im eher nicht so trendigen Leutschenbach-Quartier im Norden der Stadt Zürich.
Als SonntagsBlick den Deal enthüllte, schüttelten sogar Branchenkenner den Kopf: «Von einem solchen Preis habe ich in einem Aussenquartier wie Zürich-Seebach noch nie gehört», sagt Peter Schmid (59), ehemaliger Präsident von Wohnbaugenossenschaften Schweiz, Regionalverband Zürich.
Weniger überraschend dagegen ist, dass ausgerechnet Swiss Life diesen Preis bezahlte und den Zuschlag erhielt: Der Lebensversicherungskonzern ist Eigentümer des grössten privat gehaltenen Immobilienportfolios der Schweiz.
Verdoppelung in einem Jahrzehnt
Im ganzen Land gehören Swiss Life 1245 Liegenschaften, 80 Prozent davon in Städten. Ob Zürich, Genf, Basel, Bern, Lausanne, Winterthur ZH, Luzern, St. Gallen oder Lugano TI – Swiss Life besitzt überall Topimmobilien an Toplagen.
Doch der Immobilienhunger des Lebensversicherers ist längst nicht gestillt! Sein Eigentum, bewirtschaftet von der Tochtergesellschaft Livit, wird Jahr für Jahr grösser. 2009 besass Swiss Life Investitionsliegenschaften – also Immobilien, mit denen Mieteinnahmen generiert werden sollen – im Wert von elf Milliarden Franken. Bis Ende 2018 kletterte dieser Wert auf 25 Milliarden Franken.
Weshalb Swiss Life, aber auch andere Versicherungskonzerne und Pensionskassen, so scharf auf Investitionsliegenschaften sind, liegt auf der Hand: Immobilien bieten in Zeiten von Negativzinsen attraktive Renditen. Doch wieso gelingt es Swiss Life immer wieder, im hart umkämpften Immobilienmarkt alle anderen Interessenten auszustechen?
Eigenfinanzierung als grosser Trumpf
Ein wichtiger Grund ist, dass der Konzern seine Grundstückskäufe aus den Geldern ihrer Versicherten selber finanzieren kann. Wer dagegen – wie etwa Wohnbaugenossenschaften – auf Kredite angewiesen ist, kann nie so hohe Preise bezahlen. Denn Kreditgeber, in der Regel Banken, berechnen den Wert einer Immobilie deutlich konservativer. Überdies kalkulieren die Banken bei den anfallenden Hypothekarkosten mit einem Fünf-Prozent-Zinssatz – obwohl das aktuelle Zinsniveau deutlich tiefer liegt.
«Das sind grosse Vorteile für eigenfinanzierte Versicherungskonzerne und Pensionskassen», sagt Peter Schmid. Er weiss, wovon er redet: Die Baugenossenschaft «Mehr als wohnen», die dem SRG-Grundstück benachbart ist und deren Präsident er ist, interessierte sich ebenfalls für das Areal: «Wir hätten uns einen Kaufpreis von 81 Millionen Franken aber nie finanzieren lassen können.»
Die Schweizerische Nationalbank und die Finanzaufsicht (Finma) warnen seit Jahren vor überrissenen Preisen und steigenden Risiken auf dem Schweizer Immobilienmarkt, insbesondere im Bereich von Investitionsliegenschaften.
Nationalbank und Finma fordern deshalb strengere Vorschriften für die Vergabe von Hypotheken. Das Problem: Versicherungskonzerne wie Swiss Life, die auf dem Markt für Investitionsliegenschaften besonders aktiv sind, würde das kaum betreffen. Sie sind nicht auf Hypotheken angewiesen.
Langfristiger Anlagehorizont
Swiss Life sieht denn auch keinen Grund, den Erwerb von solchen Liegenschaften zu drosseln: «Der langfristige Anlagehorizont von Immobilien passt sehr gut zu den langfristigen Verbindlichkeiten aus unserem Versicherungsgeschäft», sagt Mediensprecherin Tatjana Stamm. Mit Immobilien erziele der Konzern sichere und langfristig wiederkehrende Erträge für seine Kunden und Versicherten.
Im Übrigen bestreitet das Unternehmen, die Preise in die Höhe zu treiben und gewohnheitsmässig andere Interessenten zu überbieten. Stamm: «Das ist keineswegs so. Wir prüfen alle möglichen Kaufobjekte sehr genau. Bei deutlich weniger als zehn Prozent der Liegenschaften und Projekte, die uns angeboten werden, kommt es zum Kauf.» Dies belege, dass Swiss Life bei der Auswahl der Kaufobjekte selektiv vorgehe und dass der Wettbewerb zwischen den institutionellen Anlegern weiterhin gut funktioniere.
Ob der Wettbewerb auch aus Sicht der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften funktioniert – und aus Sicht der Mieter –, ist freilich eine andere Frage.