Wie viel Druck und Verantwortung erträgt ein Manager?
Tabea Apfel (50) weiss, wie sich Kaderleute fühlen, die keinen Ausweg mehr sehen. Sie ist Fachärztin für Psychiatrie und Leiterin der Burnout-Beratungsstelle Zürich der Privatklinik Hohenegg. «Suizid kommt meist aus einer Krisensituation heraus», sagt sie.
Letztlich sei es ein Übermass an Druck, das eine persönliche Krise herbeiführe. In den nun acht Jahren, in denen sie ausgebrannte Kaderleute therapiere, sei dieser Druck auch objektiv gewachsen: «Die Belastungen sind deutlich gestiegen. Es muss immer schneller gehen, man muss immer mehr leisten und hat dafür immer weniger Ressourcen zur Verfügung.»
Die Manager stehen bei der Beratungsstelle Schlange – die Wartezeit beträgt bis zu drei Wochen.
Carsten Schloter hatte das Gefühl, «nur noch von einer Verpflichtung zur nächsten zu rennen». Das habe ihm die Kehle zugeschnürt, sagte er in einem seiner letzten Interviews.
Auch Tabea Apfels Patienten kämpfen mit permanentem Druck: «Es wird von einem verlangt, dass man ständig erreichbar ist. Auch am Wochenende.»
Nichts verpassen wollen
Das könne zu einer regelrechten Sucht führen. Am Ende gehen die Verantwortungsträger nicht mehr ohne Handy auf dem Nachttisch ins Bett: «Man darf nichts mehr verpassen und muss ständig auf dem Laufenden sein.»
Die Grenze zwischen Burnout und Suizid kann schliesslich erschreckend dünn werden.
«Je länger der Zustand andauert und je depressiver man wird, desto eher denkt man vielleicht auch daran, das Leben zu beenden», weiss Apfel.
Sie berichtet von einem ehemaligen Patienten, dem Geschäftsführer eines mittelgrossen Unternehmens: «Nach einem Zusammenbruch wurde er von seinem Verwaltungsratspräsidenten zu uns gebracht. Am Ende der zweimonatigen Therapie gestand er, dass er ohne diesen Schritt keine zehn Tage mehr überlebt hätte.»