Detailhandel-Verband droht Abweichlern
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Eröffnung unter Beobachtung:Detailhandel-Verband droht Abweichlern

Direktorin Dagmar Jenni: «Wir müssen die Schutzkonzepte unbedingt befolgen»
Detailhandel-Verband droht Abweichlern

Bei der Wiedereröffnung werden Läden, Beizen und Co. scharf beobachtet. Zuständig für die Kontrollen Hunderter Betriebe sind die Kantone. Der Detailhandelsverband will selber gegen fehlerhafte Betriebe vorgehen und fordert die Mitglieder auf, die Regeln einzuhalten.
Publiziert: 10.05.2020 um 22:53 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2020 um 09:03 Uhr
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Das Warenhaus Jelmoli stellt den Abstand an den Kassen sicher.
Foto: keystone
Claudia Gnehm

Für alle, die gerne denunzieren, ist ab heute Hochsaison. Beizen, Möbel- und Warenhäuser, Kleiderläden, Sporthändler und viele andere Fachgeschäfte öffnen wieder ihre Tore unter den Schutzkonzepten ihrer Branchen. Doch nicht alle werden die Abstands- und Hygieneregeln korrekt umsetzen. Schon gar nicht mit dem erwarteten Ansturm am ersten Tag.

Die offizielle Kontrolle und Aufsicht über die Umsetzung der Covid-19-Schutzkonzepte hat der Bund an die Kantone delegiert. Auch beim Branchen-Schutzkonzept der Gastronomie, das einzige, bei dem der Bund zusätzliche Vorgaben machte, liegt die Kontrolle bei den Kantonen. Diese senden nun Kantonschemiker, die Gewerbepolizei oder andere Behörden für Stichproben aus. Im Kanton Zürich etwa führte das Arbeitsinspektorat seit Beginn der Corona-Krise 240 Kontrollen durch. Bis Ende Mai sind weitere 450 Kontrollen geplant.

Der Verband des Detailhandels, die Swiss Retail Federation, hat in Abgleichung mit den Musterschutzkonzepten des Bundes drei Muster- schutzkonzepte erarbeitet. Jenes für den Non-Food-Bereich sei in Absprache mit dem Kaufmännischen Verband Schweiz entstanden, sagt Dagmar Jenni (52), Direktorin der Swiss Retail Federation.

Unia ist gegen das Anprobieren von Schuhen und Kleidern

Die Konzepte hätten den Praxistest weitgehend schon im Food- und Garten-/Baumarktbereich bestanden. «Die Läden sind bereit, es ist aber nicht auszuschliessen, dass sich aus der Praxis heraus kleinere Anpassungen ergeben», so Jenni. Die Swiss Retail Federation vertritt mittelständische Detailhandelsunternehmen (stationär und online) mit 46’000 Arbeitsplätzen in der Schweiz und 19 Milliarden Franken Jahresumsatz.

Die Gewerkschaft Unia bemängelte bereits letzte Woche, noch vor der Umsetzung, die Schutzkonzepte des Verbands. «Im Detailhandel weigert sich der Branchenverband Swiss Retail ein verbindliches Schutzkonzept für die Branche zu erlassen», schreibt die Unia in einem Brief an die Bundesräte Alain Berset (48) und Guy Parmelin (60), der dem BLICK vorliegt. Es sei unverständlich, dass Kunden weiterhin Kleider oder Schuhe anprobieren könnten. Die Ansteckungsgefahr sei viel zu hoch.

Wer nicht gehorcht, macht sich angreifbar

Jenni entgegnet, das Musterschutzkonzept des Verbands sei nicht weniger verbindlich als etwa das Schutzkonzept von Gastrosuisse, das der Bund abgenommen hat. Sie appelliert aber an die Mitgliedsfirmen: «Es ist essenziell, dass die Vorgaben eingehalten werden – sonst macht man sich angreifbar.» Wie wird der Verband mit schlecht kooperierenden Mitgliedern umgehen? «Wenn ein Händler mehrmals negativ auffällt, überlegen wir eine Kaskade von Massnahmen», sagt Jenni.

In anderen Branchen scheint es nicht weit her zu sein mit der Selbstregulierung. Der Coiffeurverband etwa fordert vom Bund verbindliche Richtlinien für die Schutzkonzepte. Bei Gastrosuisse fühlt sich Präsident Casimir Platzer (58) nicht zuständig für die Einhaltung: «Wir sind nicht die Polizei, es ist nicht unsere Aufgabe, die Mitglieder zu überwachen.»

In Bücher blättern, aber nicht im BLICK?

Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58) kritisiert die Widersprüche in den Schutzkonzepten. «Es ist nicht verständlich, wenn Kunden in anderen Branchen etwa Zeitschriften durchblättern können, wir aber nicht wie gewohnt unseren Gästen Zeitungen und Magazine zur Lektüre zur Verfügung stellen können», sagt er dem BLICK.

Konkret steht im Schutzkonzept von Gastrosuisse: «Der Betrieb verzichtet auf Gegenstände, die von mehreren Gästen geteilt werden (z. B. Zeitschriften, Magazine oder Snacks).» Ganz anders heisst es im Konzept des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands zum Stöbern der Kunden: «Der direkte Kontakt mit Büchern ist unbedenklich.»

Das sei nicht nachvollziehbar, kritisiert Platzer: «Die Branchen-Schutzkonzepte sind ganz unterschiedlich und viele Massnahmen werden inkonsequent umgesetzt. Viele Wirte werden nun unter Umständen ihre Zeitungen abbestellen, und die Printmedien müssten womöglich auch noch durch den Bund unterstützt werden, ergänzt er.

Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (58) kritisiert die Widersprüche in den Schutzkonzepten. «Es ist nicht verständlich, wenn Kunden in anderen Branchen etwa Zeitschriften durchblättern können, wir aber nicht wie gewohnt unseren Gästen Zeitungen und Magazine zur Lektüre zur Verfügung stellen können», sagt er dem BLICK.

Konkret steht im Schutzkonzept von Gastrosuisse: «Der Betrieb verzichtet auf Gegenstände, die von mehreren Gästen geteilt werden (z. B. Zeitschriften, Magazine oder Snacks).» Ganz anders heisst es im Konzept des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands zum Stöbern der Kunden: «Der direkte Kontakt mit Büchern ist unbedenklich.»

Das sei nicht nachvollziehbar, kritisiert Platzer: «Die Branchen-Schutzkonzepte sind ganz unterschiedlich und viele Massnahmen werden inkonsequent umgesetzt. Viele Wirte werden nun unter Umständen ihre Zeitungen abbestellen, und die Printmedien müssten womöglich auch noch durch den Bund unterstützt werden, ergänzt er.


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