Wann ein glänzendes Kerlchen mit schnarrender Stimme in der Bankfiliale nach unseren Anlagewünschen fragen wird, ist noch völlig ungewiss.
Nicht die Roboter, aber Robo-Advisor, also eine Art digitale Kundenberater, sind bereits dabei, die Finanzwelt zu erobern. Die Digitalisierung der Vermögensverwaltung verändert den Job des Bankers nachhaltig.
Einer dieser Robo-Advisor, die es den Kunden erlauben, ihr Geld direkt mit dem eigenen Computer zu verwalten, nennt sich Descartes Finance.
Demokratisierung der Vermögensverwaltung
Adriano Lucatelli, Mitbegründer und Geschäftsführer des dahinterstehenden Unternehmens, hat hohe Ansprüche: «Mir geht es um die Demokratisierung der Vermögensverwaltung. Dank Descartes haben auch Leute mit kleinem Vermögen Zugang zu Anlagestrategien, die sonst den ganz grossen Investoren vorbehalten sind.»
Die ganz grossen sind institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Versicherungen, die Milliardenvermögen verwalten. Bei Descartes Finance jedoch ist man bereits ab 20'000 Franken dabei.
Descartes Finance bezeichnet sich selbst als einzigen unabhängigen Online-Vermögensverwalter in der Schweiz. Das heisst, hinter dem Robo-Advisor steht keine Bank, der Kunde kann vielmehr vom gebündelten Anlagewissen verschiedener renommierter Finanzinstitute und Vermögensverwalter aus dem In- und Ausland profitieren.
Der Robo-Advisor stellt aufgrund dieses Datenschatzes ein Portfolio zusammen und schichtet es je nach Bedarf des Kunden um – alles digital. Und ohne menschliches Zutun.
Anlagestrategie der Robos: mindestens so gut
Neben Descartes Finance buhlen mit Truewealth oder Investomat weitere digitale Vermögensverwalter in der Schweiz um die Gunst der digitalen Klienten.
Stelle man die tieferen Gebühren in Rechnung, dann verdiene der Kunde dank des Roboters mehr Geld als in der klassischen Vermögensverwaltung, ist Lucatelli überzeugt. Denn die Anlagestrategie der Robos sei mindestens so gut wie die der Banken.
In der Schweiz sind Robo-Advisor noch ein digitales Nischenprodukt. Experten schätzen, dass sie im Jahr 2020 zwischen drei und vier Milliarden Franken Kundengelder verwalten werden.
Dennoch haben die Robos das Potenzial, die Kundenberater bei den Banken zu bedrängen oder gar zu verdrängen. «Die Zahl der Kundenberater wird langfristig abnehmen. Denn die Banken drücken bereits jetzt auf die Kosten, und die Kunden werden langfristig auch bei Bankprodukten digital-affiner und können sich bei entsprechender Gestaltung der Online-Beratung quasi selber beraten», sagt Stefanie Auge (51), Forschungsleiterin am Schweizerischen Institut für Finanzausbildung in Zürich.
Umschulung und Weiterbildung sind gefragt
Etwas weniger pessimistisch beurteilt der Schweizerische Bankenpersonalverband die Lage. Geschäftsführerin Denise Chervet (60): «Der Mensch muss besser sein als der Roboter, aber dazu braucht es Weiterbildung – das ist Aufgabe der Banken.»
Immerhin nehmen die Banken diese Aufgabe ernst. Bei der Zürcher Kantonalbank zum Beispiel werden die Kundenberater zu Finanzberatern umgeschult.
Ihr Aufgabenbereich umfasst weit mehr als die reine Vermögensverwaltung – und neben fachlichem zählt auch das soziale Können zu den Kernkompetenzen der Finanzberater.