Der Lehrplan 21 ist ein Riesenprojekt. Er fordert Volksschulen und Familien. Primarschüler und ihre Eltern wissen meist nur so viel darüber, als dass damit das neue Fach «Medien und Informatik» eingeführt wird. Und sogenannte Kompetenzen mehr Gewicht erhalten. In Schulen, die schon nach dem Lehrplan 21 unterrichten, hören Eltern dann immer öfter von neuen Spielprogrammen zum Rechnen oder einem programmierbaren Roboter.
Nicht nur um die IT-Kompetenzen des Nachwuchses, sondern auch um die von Mama und Papa kümmern sich die Schulen. Eltern berichten von Primarschülern, die Flyer nach Hause bringen: «Einladung zum Elternabend» über Internet- und Social-Media-Themen steht auf einem, der BLICK vorliegt. Zuunterst auf dem Anmeldetalon steht, leicht zu übersehen: «Elternabend von Swisscom». Auf der Internet-Agenda der betreffenden Zürcher Schule ist von einem «Swisscom Medienkurs für Eltern» die Rede.
Ein Konzern als Veranstalter eines Elternabends in der Primarschule? Das wirft Fragen auf. Zum Beispiel jene, ob mit dem Unterricht durch Swisscom und Co. auch gleich das passende Abo für Internet und Telefon beworben wird.
Swisscom unterrichtet Tausende Volksschüler
Den meisten Eltern ist heute gar nicht bewusst, dass Konzerne wie Swisscom oder IBM nicht nur Computerausstattung und Software in die Schulen bringen, sondern vermehrt auch Lehrmittel, und neuerdings auch breitflächig Elternabende ausrichten. So geben die Konzerne auch Schulstunden über Roboter, Digitalisierung und andere Informatikthemen.
Recherchen zeigen: Allein im letzten Jahr haben Swisscom-Pädagogen rund 30’000 Volksschülerinnen und -schüler unterrichtet, wie der Leiter des Swisscom-Projekts «Schulen ans Internet», Michael In Albon, auf Anfrage sagt. Der Unterricht richte sich seit 2015 auf den Lehrplan 21 aus.
Künstliche Intelligenz (KI) werde keinen Halt machen vor dem Bildungssystem, zeigt sich Beat Zemp (63) überzeugt. Der Präsident des Dachverbandes Schweizer Lehrer kann sich gut vorstellen, dass Lehrer dereinst mit KI-Assistenz arbeiten, vor allem bei den Lernkontrollen und dem Spracherwerb. «Ich glaube aber nicht, dass Roboter Lehrpersonen ersetzen werden», sagt er weiter. Personen, die Schüler prägten, seien aus Fleisch und Blut und hätten emotionale Intelligenz. «Wir sind noch nicht so weit, dass sich Roboter echt Sorgen machen können um Schüler», so Zemp.
Selbst bei Google ist die «Vollautomatisierung» der Lehrer kein Thema. Die Leiterin Augmented Reality bei Google, Petra Ehmann (33), sagte an einem Podium der Juventus-Schulen: «Lehrpersonen wird es immer geben, aber sie werden sich auf andere Aufgaben konzentrieren als etwa das Korrigieren.» Google engagiere sich immer mehr im Schulbereich, wolle dabei aber nicht nur die Digitalisierung vorantreiben, sondern auch die Diversität fördern.
Für Professor Roland Siegwart, Leiter Autonomous Systems Lab an der ETH Zürich, kann die Videoüberwachung im Schulzimmer sinnvoll sein, wenn die Datenanalysen helfen, die Kinder effizienter zu begleiten. «Man sollte keine Angst haben vor den neuen Technologien, denn sie sind bereits omnipräsent», sagt er. Das Wichtigste, was die Schüler üben sollten für die digitalisierte Zukunft, sei denken zu lernen. Deshalb müsse man das Hirn trainieren. Dies komme leider oft zu kurz.
Künstliche Intelligenz (KI) werde keinen Halt machen vor dem Bildungssystem, zeigt sich Beat Zemp (63) überzeugt. Der Präsident des Dachverbandes Schweizer Lehrer kann sich gut vorstellen, dass Lehrer dereinst mit KI-Assistenz arbeiten, vor allem bei den Lernkontrollen und dem Spracherwerb. «Ich glaube aber nicht, dass Roboter Lehrpersonen ersetzen werden», sagt er weiter. Personen, die Schüler prägten, seien aus Fleisch und Blut und hätten emotionale Intelligenz. «Wir sind noch nicht so weit, dass sich Roboter echt Sorgen machen können um Schüler», so Zemp.
Selbst bei Google ist die «Vollautomatisierung» der Lehrer kein Thema. Die Leiterin Augmented Reality bei Google, Petra Ehmann (33), sagte an einem Podium der Juventus-Schulen: «Lehrpersonen wird es immer geben, aber sie werden sich auf andere Aufgaben konzentrieren als etwa das Korrigieren.» Google engagiere sich immer mehr im Schulbereich, wolle dabei aber nicht nur die Digitalisierung vorantreiben, sondern auch die Diversität fördern.
Für Professor Roland Siegwart, Leiter Autonomous Systems Lab an der ETH Zürich, kann die Videoüberwachung im Schulzimmer sinnvoll sein, wenn die Datenanalysen helfen, die Kinder effizienter zu begleiten. «Man sollte keine Angst haben vor den neuen Technologien, denn sie sind bereits omnipräsent», sagt er. Das Wichtigste, was die Schüler üben sollten für die digitalisierte Zukunft, sei denken zu lernen. Deshalb müsse man das Hirn trainieren. Dies komme leider oft zu kurz.
So geben Swisscom-Pädagogen zum Beispiel für die dritte oder vierte Klasse Lektionen zum Thema «Ab ins Internet». Vier Lektionen kosten die Schule 340 Franken, je nach deren finanzieller Kapazität. Mit 580 Franken etwas teurer ist der Robotik-Unterricht für die Mittelstufe. Alle Unterlagen sowie den Miniroboter Thymio stellt Swisscom zur Verfügung. «Die Einführung des Lehrplans 21 in diversen Deutschschweizer Kantonen hat ganz klar zu einer erhöhten Nachfrage geführt», sagt In Albon. Ausserdem integrierten immer mehr Schulen die Swisscom-Kurse in ein grösseres Medienkonzept für die ganze Schule.
Schulen überrascht von neuen Aufgaben
Am Swisscom-Elternabend wiederum sollen die Eltern lernen, was «altersgerechte Medienbegleitung» ist. Letztes Jahr erreichte Swisscom damit 6000 Eltern. IBM hat dieses Jahr 8500 Schüler, Eltern und Lehrer unterrichtet, wie Jacqueline Spühler von IBM Schweiz sagt.
Gründe für die grosse Nachfrage der Schulen sind offenbar die ungenügende Vorbereitung auf das neue IT-Zeitalter – auch mangels Kapazitäten. «Die Schulen wirken manchmal überrascht über die Einführung des Lehrplans, obschon dieser bereits 2014 in ersten Versionen vorlag», sagt Swisscom-Schulexperte In Albon. Zudem seien Lehrmittel zur digitalen Bildung aktuell erst dünn gesät. «Die Lehrmittelverlage müssen hier rasch Remedur schaffen», betont er.
An guten Fachpersonen fehle es den Pädagogischen Hochschulen nicht, die die Lehrer ausbilden, glaubt In Albon. Das Problem liege bei den Kapazitäten, die heutigen Lehrkräfte in nützlicher Zeit mit Basics zur Medienpädagogik und zur praktischen ICT-Anwendung im Schulalltag fit zu machen. Ans Limit bringt das Fach «Medien und Informatik» die Schulen auch, weil das ICT-Wissen eine kurze Verfallszeit hat. «Es muss regelmässig wieder aufgefrischt werden», so In Albon.
Mangel an Ressourcen
Auch die Leiterin der Bildungsprogramme bei Microsoft Schweiz, Claudia Balocco, sieht den Engpass bei den Kapazitäten. Jetzt ginge es darum, die Lehrpersonen zu schulen. Doch die Pädagogischen Hochschulen hätten zu wenige Ressourcen, um die neuen Inhalte zu vermitteln.
Was sagt der Zentralpräsident des Dachverbandes der Lehrer (LCH), Beat Zemp, zur Ausbreitung von Swisscom und Co. in den Klassenzimmern? Für Zemp ist es nicht problematisch, wenn die IT-Unternehmen auf den gestiegenen Bedarf der Schulen reagieren. Dies solange sie den Grundregeln der Ausgewogenheit und den qualitativen Anforderungen entsprächen.
Er räumt allerdings Mängel ein. Beispielsweise, dass die Schulen stark gefordert seien und Klassenlehrpersonen laufend Weiterbildungen besuchen müssten, um bei den Inhalten auf dem neusten Stand zu sein. «Dazu fehlen sowohl das Geld als auch die Zeit», sagt Zemp weiter. Es liege daher auch an der Bildungspolitik, die notwendigen Ressourcen für Kurse und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen.
Aus der Sicht des Erziehungswissenschaftlers Jürgen Oelkers sollte die Schule Grundlagen vermitteln und nicht jedem Technologiesprung folgen. Er warnt zudem vor einem Outsourcing der Fächer ohne Verankerung bei der Lehrerschaft: «Das wäre gefährlich und vermutlich auch wirkungslos.»